Kokosnüsse: exotisch,
verheißend, schwer zu knacken. Und eigentlich einfach zu bekommen. Baum hoch,
runterhauen, aufsammeln. Wenn der Baum aber auf einem wackeligen Felsplateau
steht, das jeden Moment kippen könnte, dann wird’s schwierig. Wieso man sich
dann nicht einen anderen Baum sucht? Weil Bilbo Beutlin auch nicht gesagt hat:
„Ach komm, was soll ich den doofen Ring mitschleppen?“ Ohne Drama keine
Geschichte. Auch im Brettspiel nicht.
Dramatisch gefährlich
Und Drama gibt
es bei „Voll verwackelt“ genug und zwar in vier Schwierigkeitsstufen. Man
startet natürlich mit der Ersten, um reinzukommen. Palme und Felsen
zusammenbauen, Kokosnussplättchen in den Beutel, die Spielertableaus verteilen,
die Tiere auf den Felsen balanciert und dann geht’s los: mit würfeln. Ein
Würfel zeigt ein (oder zwei) Tiere und der andere die Bewegungsweite. Von jedem
Tier gibt es auf dem Felsen zwei Ausgaben, man muss also einschätzen, welches
Tier sich bewegen lässt, ohne, dass der Felsen ins Kippen gerät. Hat man das
erfolgreich geschafft, zieht man eine Kokosnuss aus dem Beutel und legt sie auf
die Sammelstelle des eigenen Tableaus.
Wie gierig will man sein?
Wenn man Zug um
Zug immer Kokosnüsse sammeln will, muss man also würfeln und sich bewegen.
Sollte das aber mal schief gehen, weil der Felsen kippt und die Tiere
runterfallen, landen alle gesammelten Kokosnüsse im Fluss. Sie werden auf dem
eigenen Tableau auf die Flussfelder gelegt. Ganz verloren sind sie dadurch noch
nicht, aber sie werden nicht mehr so viele Punkte bringen. Es passen auch nur
vier Plättchen in den Fluss. Alle, die man darüber hinaus verliert, wandern zu
Karla, dem Krokodil und bringen gar nichts mehr – außer der sich ins Fäustchen
lachenden Karla.
Man kann seine
Kokosnüsse aber in Sicherheit bringen und aufs Würfeln verzichten. Dann schiebt
man die bis dahin gesammelten und nicht im Fluss gelandeten Plättchen neben die
Sammelstelle auf seine Hütte. Und da kann ihnen niemand mehr etwas anhaben.
Und zum Schluss noch einen Kniff.
Ist die letzte
Kokosnuss verteilt, endet „Voll verwackelt“, aber es ist noch nicht zu Ende.
Bis zu vier Kokosnussplättchen können noch im Flussbett liegen und um zu sehen,
ob die noch Punkte bringen, zieht jeder Spieler einen Krokodilchip. Auf dessen
Rückseite sieht man, welche farbige Schablone man sich nehmen und auf dem Fluss
anlegen muss. Jede Nuss, die man so noch sieht, bringt einen Punkt. Plus die
Nüsse, die man vorher in Sicherheit gebracht hat. Und der Gewinner gibt jedem
erst Mal ein Bounty aus.
Fazit
Spiele mit
Kippelfläche gab es schon einige im Kinderbereich und meistens krankten sie an
einem Punkt: Sie waren auf vielen Ebenen nicht ausbalanciert. Sei es, weil die
Verarbeitung schlecht war oder nicht durchdacht genug oder auch, weil nicht
viel passierte – außer die Fläche eben zu halten. Die erste richtig gute
Ausnahme machte die „Affenstarke Zahlenbande“ von Ravensburger. Eine total
beknackte, aber strunzlustige Geschichte und die Wackelebene musste mittels
kleiner Rechenaufgaben in der Balance gehalten werden. Und da war auch das
Problem: Alles stimmte, aber mit dem Rechnen haute es für viele Kinder nicht
hin (anschauen sollte man sich das Spiel aber trotzdem mal).
„Voll
Verwackelt“ verzichtet auf viel Brimborium und konzentriert sich aufs
Wesentliche: Haltet den Felsen gerade und hofft, beim Ziehen der Nüsse hohe
Zahlen zu bekommen. Mit Ersterem wird es besonders bei der Anfangspartie nicht
wirklich klappen, denn die Zielgruppe ab sechs tendiert erst Mal zum grabschen
irgendeines Tieres und setzt es dann wild umher. Da ist viel Umfallen und
wieder aufbauen an der Tagesordnung. Man kann mit einer Engelsgeduld die
Prinzipien der Balance erklären, aber nein. Würfeln und planlos grabschen. Das
passiert aber nur ein paar Mal. Besonders, wenn der Punkt kommt, an dem man
seine gesammelten Nüsse abgeben muss, weil der Felsen kippt. Bei „Voll
verwackelt“ müssen die Kinder erst ein bisschen versagen, bevor sie merken,
dass es die Mischung aus Vorsicht und Risiko macht, die einen hier
weiterbringt. Und die Lernkurve ist erstaunlich groß. Wenn man durchschaut hat,
wie alles funktioniert, kann man auch nicht wirklich sauer sein, sollte man
sich verzockt haben und die ungesicherten Nüsse wandern in den Fluss. Man hätte
sie ja auch sichern können. Ein kleiner Nervenkitzel, der gut portioniert ist.
Gut, dass man daran gedacht hat, verschiedene Schwierigkeitsstufen einzubauen,
wobei man auch sagen muss: Die schwierigste Stufe ist WIRKLICH schwierig. Da
baut man unter Umständen mehr auf, als dass man spielt.
Dringend zu
Gemüte führen sollte man sich die Variationsmöglichkeiten auf der letzten Seite
der Regel und die Kokosnussplättchen – besonders im Spiel zu viert –
reduzieren. Denn das ist das Einzige, was man „Voll verwackelt“ ankreiden kann:
Es kann sich zu viert ziehen. Je nach ruhigen oder unruhigen Händen der
mitspielenden Kinder. Da sind weniger Plättchen im Spiel mehr.
Ansonsten muss
man sagen: Endlich mal ein Balance-Wackelebenenspiel, das wirklich funktioniert
und auch die Kinder zu faszinieren weiß. Und zu begeistern. Denn nichts ist befriedigender,
als selber zu merken, wie viel besser man dieses Spiel in den Griff bekommt.
Das macht eine ganz eigene Spannungskurve aus, der sich die Kinder gerne wieder
und wieder stellen. Und nebenbei lernen sie auch endlich, was Balance bedeutet.
Da zahlt sich dann die fusselig geredete Engelszunge endlich aus.
Geschrieben von: Christoph Schlewinski
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