Freitag, 17. Mai 2013

Jäger der Nacht

Werwölfe 2.0
Fast jedem Brettspieler ist „Die Werwölfe vom Düsterwald“ ein Begriff. Quasi ohne Spielmaterial lässt sich mit Werwölfe eine Gruppe ab circa 10 Personen stundenlang bespaßen. Für die unbedarften unter euch die Kurzregel: Alle Spieler bekommen verdeckt eine Rolle als Werwolf oder Bürger. Runde für Runde entscheiden die Werwölfe geheim, welchen Bürger sie in der Nacht meucheln. Im Anschluss folgt eine wilde Beschuldigungsorgie aller Mitspieler, hinter wem sich ein Werwolf verbirgt. Konnte man sich auf eine Person einigen, fällt diese im Anschluss dem wütenden Mob zum Opfer (unabhängig davon ob es sich wirklich um einen Werwolf handelt oder nur um einen Bürger mit stärkerer Körperbehaarung). Irgendwann gehen entweder die Werwölfe oder die Bürger aus, die überlebende Fraktion gewinnt.


Warum ich euch das alles erzähle? Ganz einfach. Jäger der Nacht (Yasutaka Ikeda / Kosmos) bedient sich dieses recht einfachen Prinzips und erweitert es durch ein Spielbrett, Ausrüstung, Würfel und eine schicke Box. Also all das, was wir Spieler so sehr mögen. Obendrein ist es nun ab 5 (offiziell ab 4) Spielern spielbar, was die Chance einer Partie nicht gerade unwesentlich erhöht.


Werwolf, Vampir oder Mensch?
Die Spielvorbereitungen bei Jäger der Nacht sind denkbar simpel. Jeder Spieler bekommt verdeckt eine Karte, die seine Zugehörigkeit zu einer von drei Fraktionen und damit auch sein Spielziel bestimmt. Ist man ein Werwolf oder ein Vampir hat man es einfach. Es gilt schlicht die andere Fraktion mit Knoblauch, Kreuzen und Silber ins Jenseits zu befördern. Als Mensch (die dritte Fraktion) kann die Aufgabe deutlich komplizierter geraten, gibt es hier doch je nach Charakter verschiedene Ziele. Diese beinhalten etwa, dass der linke Nachbar gewinnt, oder dass man eine bestimmte Menge Ausrüstung sammelt. Auch das simple Überleben bis zum Spielende oder das Sterben als erste Person sind im Potpourri der Ziele vertreten. 



Zusätzlich verfügt jeder Charakter über eine Sonderfähigkeit, die er einsetzen kann sobald er seine Charakterkarte (freiwillig oder unfreiwillig) offenbart. Die Fähigkeiten sind dabei ebenso vielfältig und können den Kampf beeinflussen, Charaktere heilen oder auch die eigene Siegbedingung ändern. Schlussendlich unterscheiden sich die Personen noch in der Zahl ihrer Lebenspunkte und damit ihren Nehmerfähigkeiten auf dem Schlachtfeld.


Orte der Macht
Bin ich am Zug, springe ich auf dem Spielbrett mittels Würfel zu einem von sechs verschiedenen Orten, dessen Funktion ich im Anschluss auslöse. Neben Schaden / Heilung sind dabei insbesondere die zu erhaltenden Karten interessant, die es in drei Farben gibt. Rote und blaue Karten liefern Ereignisse oder Ausrüstung, welche mich schützen, meinen Schaden erhöhen oder die Bewegung erleichtern. Besonders spannend sind aber, gerade zu Spielbeginn, die grünen Orakelkarten, mit deren Hilfe man Informationen über die Identität eines seiner Mitspieler bekommen kann. Dazu zieht man eine Karte auf welcher meist in etwa "Bist du ein Werwolf oder Mensch bekommst du einen Schaden " steht. Diese gibt man nun an einen Mitspieler weiter der den Anweisungen auf der Karte folgen muss. Fügt sich der Mitspieler also in obigem Beispiel keinen Schaden zu, weiß ich ab diesem Moment, dass es sich bei ihm um einen Vampir handelt. Gleichzeitig kann allerdings keiner der anderen Mitspieler daraus etwas ablesen.


Auf diese Art sammelt man ständig Informationen und gewinnt so ein immer genaueres Bild über Gegner und Mitstreiter. Das man wirklich über jeden Bescheid weiß ist allerdings die absolute Ausnahme. Viel häufiger nutzt man Schlussfolgerungen der Art: Ich weiß M. ist mit mir verbündet und der wurde gerade von R. gehauen. Da S. vorhin nicht auf R. gehauen hat müsste S. mein Gegner sein. Dass die Logik dabei nicht selten versagt und man am Ende doch den Falschen verhaut, macht einen großen Teil des Spielspaßes aus.



Silberkugeln und Kruzifixe
Wie bereits mehrfach erwähnt, gehen die Mitspieler bei Jäger der Nacht nicht gerade zimperlich miteinander um. Beende ich meine Bewegung in der Nähe eines Mitspielers kann ich diesen, unter Zuhilfenahme der Würfel, angreifen. Anders als bei Werwölfe benötigt man hier allerdings mehrere Angriffe um den Gegner in die Knie zu zwingen. Die Möglichkeit, auf durchgeführte Angriffe zu reagieren, macht einen wichtigen Teil des Spiels aus. Selbst wenn ich keine Ahnung von der Rollenverteilung am Tisch habe, ist es doch ein recht starkes Indiz, wenn man Nachbar mit Begeisterung auf mich einprügelt.


Fazit
Wer ein Spiel für 5-8 Spieler sucht, das ein ähnlich dichtes Netz an Intrigen spinnt wie Werwölfe, der sollte bei Jäger der Nacht fündig werden. Ohne unnötig komplexe Regeln entwickeln die Partien hier in unter einer halben Stunde Spielzeit eine Spannung, die Ihresgleichen sucht. Gerade die Unsicherheit zu Spielbeginn, das Grübeln und Beschuldigen sorgen dafür, dass man ständig im Spiel involviert ist. Greift dann noch ein Spieler unwissentlich seinen Verbündeten an ist der Spaß perfekt. Die umfangreichen Charakterfähigkeiten sorgen dabei dafür, dass sich selten eine Partie gleich anfühlt. Ständig erwartet man, dass ein Spieler das Ziel hat zuerst auszuscheiden oder bei den Informationen zu seinem Charakter lügt (ja, auch eine solche Fähigkeit gibt es). Selbst wenn diese Charaktere nur selten im Spiel sind, genügt ihre bloße Existenz dem Spiel zusätzliches Leben einzuhauchen. 

 

Jäger der Nacht befindet sich inzwischen einige Jahre in meinem Besitz und landet seitdem fast durchweg bei jedem Geburtstag und jeder Feier mit Freunden auf dem Tisch. Und das ist ein Erfolg, den kaum ein anderes Spiel für sich verbuchen kann.

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