Seiten

Sonntag, 23. Juni 2013

Neuroshima Hex



Duell der Sechsecke
Es ist gefühlt noch gar nicht so lange her, da waren Echtzeit-Strategiespiele am PC eine absolute Ausnahmeerscheinung. Zu dieser Zeit spielten wir Tage und Nächte rundenbasierte Strategiespiele. Auf kleinen Hexfeldern wurden Truppen positioniert und verschoben, das geschickte Ausnutzen der eigenen Stärken war wichtiger als ein schneller Mausfinger. Ganz ähnlich verhält es sich auch bei Neuroshima Hex, einem Spiel von Michal Oracz (Portal) aus dem Jahr 2006. Endlich darf ich wieder über die passende Positionierung, die Ausrichtung der Truppen und die taktischen Feinheiten grübeln.

Neuroshima Hex ist in einer post-apokalyptischen Welt ganz im Stile von Mad Max angesiedelt. 4 Fraktionen prügeln sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auf Hexfeldern um die territoriale Vorherrschaft. Von Mutanten über Maschinen bis hin zu menschlichen Rebellen werden dabei alle gängigen Klischees bestens bedient.


Das Schlachtfeld
Das umkämpfte Gebiet umfasst (im Spiel zu zweit) 19 Hexfelder. Jeder Spieler platziert zu Spielbeginn auf einem davon sein Hauptquartier, die Übrigen bilden das Schlachtfeld. Dem Hauptquartier kommt bei Neuroshima Hex eine besondere Bedeutung zu ist es doch Spielziel, ebenjenes möglichst schwer zu beschädigen oder gar zu zerstören. Um dies zu bewerkstelligen bekommt jeder Spieler zusätzlich 34 fraktionsspezifische Armee-Tokens (Papp-Sechsecke) welche nach und nach auf dem Feld der Ehre Einzug halten.

Jede Runde ziehen die Spieler dazu abwechselnd auf 3 Tokens auf, werfen einen davon ab und dürfen die übrigen spielen (oder auf der Hand behalten). Handelt es sich dabei um eine Einheit oder ein Modul, kann diese(s) beliebig auf einem freien Platz des Spielfeldes platziert werden. Aktionen werden stattdessen direkt ausgeführt und anschließend abgeworfen.

Armee-Tokens
Die Einheiten unterscheiden sich dabei, je nach Fraktion, deutlich voneinander. Allen gemein ist ein Initiativewert, der die Reihenfolge im Kampf bestimmt. Ansonsten verfügen die meisten Einheiten noch über Sonderfähigkeiten (etwa Netze, Panzerung oder Beweglichkeit) sowie Fern- und Nahkampf in verschiedenen Stärken und für verschiedene Richtungen. Auf das Schlachtfeld ausgespielte Module verbessern zusätzlich die Eigenschaften unmittelbar benachbarter, verbündeter Truppen oder schwächen den Gegner.

Auch die Aktions-Plättchen unterscheiden sich in Verteilung und Wirkung von Fraktion zu Fraktion. Während Bewegungs-Plättchen in jeder Armee vorkommen, sind Granaten oder Luftschläge rar und kostbar. Das wichtigste Plättchen ist dabei allerdings zweifellos der Kampf.

http://www.zmangames.com/boardgames/files/neuroshima_hex/NH_board.jpg

Der Kampf
Sobald ein Spieler ein Kampf-Plättchen spielt oder alle Hexfelder belegt sind, kommt es zur Schlacht. In einer solchen führt jede Einheit in Abhängigkeit der Initiative Angriffe durch. Zumeist verursachen diese genau einen Schaden, was genügt um die meisten Einheiten oder Module zu vernichten. Manche Truppen haben aber auch mehrere Angriffe oder einzelne Angriffe die mehr Schaden verursachen. Diese eignen sich besonders um die harten Brocken des Gegners zu vernichten oder dem Hauptquartier Schaden zuzufügen. Auch Sonderfähigkeiten gilt es zu berücksichtigen. So greifen eingenetzte Gegner etwa gar nicht erst an, andere Truppen sind von einem Medizin-Modul geschützt. Entsprechend komplex können die Kämpfe ablaufen, insbesondere wenn viele Einheiten zeitgleich (in der gleichen Initiativephase) angreifen. Nach einem Kampf ist das Feld dagegen wieder recht übersichtlich und das gegnerische Hauptquartier sollte den einen oder anderen Schadenspunkt erhalten haben. Stehen beide Hauptquartiere noch sobald das letzte Plättchen gezogen und die Finale Schlacht bestritten wurde gewinnt der Spieler, der mehr Schaden verursacht hat.

Die Fraktionen
Das tragende Element in Neuroshima Hex sind die deutlich unterschiedlichen Fraktion und damit auch die stark variierende Spielweise. Erst diese ermöglichen ein immer wieder abwechslungsreiches Spiel und unerwartete Spielverläufe. Entsprechend gehe ich an dieser Stelle zumindest kurz auf die 4 Fraktionen ein.
Moloch liefert sehr zähe Truppen mit starken Fernkampfangriffen. Darüber hinaus Aktionsplättchen zum Verschieben gegnerischer Truppen. Die Borgo zeichnen sich durch starke Nahkämpfer und Netze aus, die gegnerische Truppen lahmlegen. Der Outpost verfügt über mobile Truppen die zwar nicht besonders kampfstark sind, allerdings ständig ihre Position auf dem Schlachtfeld ändern. Zuletzt bleibt die Hegemony, welche ein ausgeglichenes Sammelsurium an Möglichkeiten bietet. Die Truppen sind zwar langsam, überzeugen aber durch die Verwendung von Netzen und die Möglichkeit, Nahkampfangriffe in Fernkampf umzuwandeln.
                     
                     

2-Spieler-Spiel
Bevor ich mit dem Fazit beginne sollte an dieser Stelle angemerkt werden, dass ich persönlich Neuroshima Hex für ein 2-Personen-Spiel halte. Offiziell funktioniert es mit bis zu 4 Spielern und die entsprechenden Regeln (und Materialien) sind durchaus vorhanden. Es macht nur einfach in allen Belangen weniger Spaß. Ob Team-Spiel oder Jeder gegen Jeden, was im Spiele 1 gegen 1 wunderbar funktioniert wird mit mehr Spielern einfach unnötig verkompliziert. Nachdem das gesagt wurde, hier das Fazit für Neuroshima Hex zu Zweit.

Fazit
Neuroshima Hex ist kein einfaches Spiel. Jede Armee, jede Einheit, jedes Modul verfügt über eigene, kleine Besonderheiten. Die Regeln erleichtern den Einstieg dabei nicht gerade. Insbesondere während der ersten Partie wird man häufig auf Fragen stoßen die einiges Nachlesen erfordern. An dieser Stelle seien die beiliegenden Spielerhilfen für jede Fraktion lobend erwähnt. Diese fassen alle wichtigen Regeln der einzelnen Plättchen kurz und knapp zusammen. Trotzdem wird im ersten Spiel viel gegrübelt, überlegt und taktiert, nur damit schlussendlich irgendeine übersehen Kleinigkeit den eigenen Plan zunichtemacht. Da der Kampf selbst gänzlich ohne Zufall auskommt, hat hier ein erfahrener Spieler einen fast uneinholbaren Vorteil. Als einziges Glückselement bleibt, wann welches Plättchen gezogen wird. Aber auch hier lernt man mit der Zeit, sein Vorgehen dem Schicksal anzupassen und das Optimale daraus zu machen. Auch wenn es zu Beginn anders wirkt, das Ziehen der Plättchen entscheidet fast nie eine Partie.

Sind aber die ersten Gefechte überstanden (und hat der Mitspieler nicht bereits schreiend das Weite gesucht) entfaltet Neuroshima Hex mehr und mehr seine spielerische Klasse. Mit jedem Spiel dringt man etwas weiter in die taktischen Tiefen vor, lernt die einzelnen Fraktionen kennen und die Situation auf dem Schlachtfeld zu lesen. Das gelungene Thema und die sehr schöne Grafik helfen dabei, in die Spielwelt einzutauchen. Schnell erzeugt Neuroshima Hex dann einen ganz eigenen Reiz, ständig wollen neue Vorgehensweisen, Strategien oder Armeen erprobt werden. Wer also eine etwas längere Einarbeitungszeit und das post-apokalyptische Thema nicht scheut, der bekommt hier ein Spiel das in dieser Form seinesgleichen sucht. Und wer mit 4 Armeen noch nicht ausgelastet ist, der kann sich aus dem stetig wachsenden Fundus an Erweiterungen bedienen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen