Eigentlich halte ich
mich ja für jemanden, der im Bereich der Brettspiele halbwegs gut informiert
ist. Und dennoch passiert es mir immer mal wieder, dass ich einzelne Spiele
(warum auch immer) schlicht übersehe. Welch Glück also, dass es die Jury zum
Spiel des Jahres gibt um mich auf derlei Missstände hinzuweisen. Im vergangenen
Jahr traf dies mit Broom Service (HIER) sogar einen Titel, der später
Kennerspiel des Jahres werden sollte. Diesmal habe ich immerhin „nur“ ein Spiel
der Empfehlungsliste übersehen. Doch auch Agent Undercover (Alexander Ushan /
Piatnik) hat es keinesfalls verdient, ignoriert zu werden.
Dabei bedient sich Agent
Undercover einem eigentlich recht einfachen und bekannten Spielprinzip. Eine
geheime Rollenzuteilung, diskutierende und ratende Mitspieler und am Ende
allgemeine Verwirrung.
Agenten
mit Orientierungsschwierigkeiten
Die Startbedingungen
sind einfach. Insgesamt 25 verschiedene Orte sind in der Box von Agent
Undercover enthalten, allesamt sortiert in formschönen Plastiktüten. Eine
dieser Tüten wird zu Beginn geheim gezogen und jedem Spieler eine entsprechende
Karte daraus zugeteilt. Neben dem Ort können wir der Karte auch unsere genaue
Rolle entnehmen. So können wir Kassierer in der Bank sein, Ober auf einem
Kreuzfahrtschiff oder Kunde eines Wellness-Tempels. Durchaus interessante
Informationen also, die uns hier zukommen. Zumindest den meisten von uns. Denn
ein zufälliger Spieler bekommt eine Agentenkarte zugewiesen, die keinerlei
Informationen bietet. Unser Doppel-0 Agent weiß leider noch nicht einmal wo
genau er sich befindet, was durchaus mit Problemen behaftet ist.
Ausschlussprinzip
Während das Unwissen des
Agenten in der richtigen Situation kaum ins Gewicht fallen dürfte, besteht
seine Aufgabe aber nun aber leider darin, seinen Aufenthaltsort zu bestimmen.
Und das Ganze, ohne seine Identität zu verraten. Dazu stellen sich die Spieler
abwechseln Fragen, die sich mehr oder weniger deutlich auf den Ort beziehen.
Mehr oder weniger, da ich einerseits mit meiner Frage herausfinden will wer der
Agent ist, andererseits aber Selbigem den Ort nicht verraten will. Auf diese
Art und Weiße fliegen die Fragen im besten Fall über mehrere Minuten hin und
her, bis entweder der Agent versucht den Ort zu lösen oder die Mitspieler eine
Anschuldigung vorbingen. Auch wenn die Zeit abläuft, kommt es zur Abstimmung.
Knifflige
Fragen, nichtssagende Antworten
Der Kniff in Agent
Undercover ist also das Stellen geschickter Fragen. Die Aussage „Wäschst du
deine Hände regelmäßig“ passt etwa gut zum Krankenhaus, der Werkstatt und
einigen Orten mehr. „Hast du das Auto repariert“, dürfte dagegen etwas
auffällig sein. Auch die Antworten wollen wohl überlegt sein. Auf obige Frage
nach dem Waschen der Hände „Das ist bei uns Pflicht“ zu antworten, dürfte ein
klarer Hinweis auf das Krankenhaus sein. Damit können mich meine Mitspieler
zwar als Agent weitestgehend ausschließen, andererseits biete ich dem Agenten selbst
sehr nützliche Hinweise. Ein simples „Ja“ hilft dagegen keiner der Seiten, macht
mich aber als Agent verdächtig. Und genau diese Zwickmühle macht den Reiz des
Spiels aus.
Fazit
Nach obiger Beschreibung
dürfte schon klar sein, dass Agent Undercover kein Spiel für Jedermann ist. Ein
gewisses Maß an Kommunikationsfreude sollten die Spieler auf jeden Fall
mitbringen um Spaß an einer Partie haben zu können. Obendrein sollte auch die
Spielerzahl passen. Denn anders als auf der Packung angegeben, empfinde ich das
Spiel keinesfalls als sinnvoll spielbar ab 3 Spielern. Also am besten
mindestens 5 kommunikative Spieler, die obendrein bereit sind, sich das Spiel
zu erarbeiten. Denn am meisten Spaß macht Agent Undercover, wenn man mit den
möglichen Standorten und deren Rollen (die man anfangs auch weglassen kann)
vertraut ist. Verdammt viele „am besten“, „mindestens“ oder „sollte“ also, für
ein dann doch recht simples Spiel.
Bleibt eigentlich nur
die Frage, ob die Suche nach der passenden Gruppe lohnt. Und das tut sie, ja.
Denn Agent Undercover bietet eine sehr gelungene Mischung aus Bluff, Deduktion
und Kommunikation, dabei reichlich Abwechslung mit überraschend wenig Regeln
und Material. Die Karten sind obendrein sehr reizvoll gestaltet und sorgen
gerade in den ersten Partien für Schmunzler. Die vergleichsweise kurze
Spielzeit für eine Runde ist stets prall gefüllt, Leerlauf kommt hier keiner
auf. Und auch bei einer einzelnen Partie bleibt es selten, eine Revanche ist
praktisch vorprogrammiert.
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