Die ganze Welt in einer kleinen Schachtel
Selten
war ein Name so zutreffend wie die Bezeichnung "Wunderland" für die
Modelleisenbahn-Landschaft in Hamburg. Auf rund 1.300 qm2 finden sich
hier (Stand Anfang 2013) rund 13 km Gleise, 930 Züge, 3.660 Häuser sowie
215.000 Figuren. Ob Hamburg, Skandinavien oder Amerika, in wenigen
Stunden lässt sich der halbe Globus bereisen. Wenig überraschend also,
dass jüngst auch ein Spieleverlag auf diese erfolgreiche
Touristenattraktion aufmerksam wurde. Wie Pegasus allerdings all die
Gleise und Figuren in eine kleine Packung zwängen will bleibt
abzuwarten.
In WUNDERLAND, dem neuen Spiel von Dirk Hillebrecht,
bereisen 2 bis 4 Spieler ab 8 Jahren wunderschöne Orte, bestaunen
Sehenswürdigkeiten und sammeln Postkarten. Da dies alles in netter
Gesellschaft deutlich mehr Spaß bereitet, reisen wir dabei nur selten
alleine. Vielmehr bewegen wir uns in Gruppen an unsere Zielorte um, dort
angekommen, Auftragskarten zu erfüllen. Wer hierbei am geschicktesten
vorgeht und die meisten Punkte sammelt, gewinnt das Spiel.
Gleich hinter Amerika rechts abbiegen
Die
Reise unserer wackeren Wunderländer beginnt stielecht in Knuffingen,
welches grob zwischen Bayern, Mitteldeutschland und der Schweiz
angesiedelt ist. Aber auch Amerika und Skandinavien liegen nur einen
Wunderländersprung weit entfernt. Mit der Geografie nimmt man es hier
nicht so genau. Das soll uns im Weiteren allerdings nicht stören, ist
der Spielplan doch ansonsten durchaus ansehnlich gestaltet. Auf eben
jenem Spielplan reisen wir nun rundenbasiert von Ort zu Ort. Dabei
bekommt jeder Spieler zu Beginn 2 Zielkarten mit 2 bis 4 Orten die er im
Spielverlauf besuchen soll. Ist man an der Reihe, kann man eine
einzelne Bewegung mit beliebig vielen seiner 8 Spielfiguren (bzw. runden
Scheiben) durchführen. Dazu nimmt man schlicht einen Stapel seiner
Scheiben und bewegt diesen bis zu 2 Felder weiter. Damit endet auch
schon der eigene Zug (Ausnahme: Wertung).
Gemeinsam ist man weniger allein
Nun sind wir hier aber im
Wunderland und nicht etwa auf Bora Bora oder Catan. Hier unterstützt man
sich gegenseitig und lässt die lieben Mitspieler gerne von den eigenen
Mühen profitieren. Herunter gebrochen auf die Spielregeln bedeutet dies,
dass sich die lieben Mitspieler unserer Bewegung anschließen dürfen.
Dabei ist es unerheblich, wie viele Scheiben wir bewegen. Sobald wir ein
Feld verlassen auf dem auch Scheiben der Kollegen liegen, steht es
diesen frei, beliebig viele davon mit zu ziehen. Die einzige
Beschränkung dabei ist, dass die Scheiben die gesamt Bewegung mitmachen
müssen. Unterwegs mal eben aus dem Zug springen ist also nicht drin.
Sehenswürdigkeiten allerorten
Obwohl
gemeinsames Reisen eigentlich schon Lohn genug sein sollte, bekommen
wir für die richtigen Orte tatsächlich auch noch Siegpunkte. In
Wunderland gibt es dafür 2 verschiedene Mechanismen. Zum einen die
bereits anfangs erwähnten Auftragskarten. Diese benennen bis zu 4 Orte
an denen wir einen unserer Reisenden platzieren müssen. Sind alle Orte
besetzt geben wir dies am Ende unserer Runde bekannt. Pro Zielort wird
daraufhin eine Scheibe entfernt und zurück nach Knuffingen befördert.
Die Auftragskarte gilt als erledigt (Punkte dafür gibt es am Spielende)
und eine Neue wird nachgezogen.
Eine weitere Art um an Siegpunkte zu
kommen stellen Postkarten dar. Über das gesamt Brett verteilt gibt es 7
Orte an denen diese speziellen Siegpunktlieferanten gesammelt werden
können. Beendet man seinen Zug auf einem solchen Ort, kann man beliebig
viele der dort liegenden Scheiben nach Knuffingen zurückbewegen. Für
jede Scheibe gibt es sofort eine passende Karte. Die dadurch erhaltenen
Siegpunkte variieren dabei, je nachdem wie viele Karten man gesammelt
hat und von wie vielen verschiedenen Standorten diese stammen.
Wunderland
endet, sobald ein Spieler seinen fünften Auftrag erledigt hat. Die
Punkte der erledigten Auftragskarten werden zu den Punkten der
Postkarten addiert, wer die meisten hat gewinnt.
Ein Fazit
Ein
Fazit zu WUNDERLAND muss eigentlich fast zwangsläufig mit der
wunderschönen Aufmachung beginnen. Der Spielplan selbst mag durchaus
noch Geschmackssache sein und die schlichten Holzscheiben (mit Stickern)
eher enttäuschend. Aber all dies nimmt man kaum noch wahr wenn man die
wunderschönen Postkarten betrachtet. Hier wurden unzählige Szenen aus
dem Miniaturwunderland in Hamburg fotografisch festgehalten und auf
Pappe gebannt. Die Menge der Bilder und der Details auf jenen erschlägt
einen dabei fast. Gerade in den ersten Partien würde man nicht selten
viel lieber die Bilder erforschen als seinen nächsten Zug zu planen.
Alleine für diese hübsche Aufmachung hat sich die Kooperation mit dem
großen Bruder in Norddeutschland gelohnt.
Allerdings lassen sich ein
Buch kaum nach seinem Einband und ein Spiel nicht nur nach seinem
Materialaufwand bewerten. Glücklicherweise weiß Wunderland auch in
spielerischer Hinsicht zu überzeugen. Dass man es hier nicht mit einem
Strategiemonster zu tun hat sollte jedem klar sein, der obige
Regelzusammenfassung gelesen hat. Das Spiel ist ganz klar für den
gemütlichen Abend mit der Familie konzipiert. Diese Aufgabe erfüllt es
dabei allerdings vortrefflich. Die Regeln sind schnell verstanden und
erklärt, der Aufforderungscharakter ist extrem hoch. Selbst unerfahrene
Spieler finden sich in den Mechanismen schnell zurecht. Aber selbst
Vielspieler können hier ihren Spaß haben. Das clevere Aufteilen der
Scheiben, das Mitreisen sowie der Fokus auf Post- oder Aufgabenkarten
sind durchaus Entscheidungen, die auch einmal zum grübeln verleiten
können. Gerade bei einer Runde die nur aus Vielspielern besteht, kommt
nicht selten noch ein psychologischer Effekt ins Spiel. Warum soll ich
meine Scheibe bewegen, wenn dies auch die 2 anderen Spieler für mich tun
können, die auf dem gleichen Feld stehen? Hier kam es durchaus schon zu
Situationen, bei denen eigentlich wichtige Scheiben mehrere Runden
unberührt auf dem Plan lagen, weil sich keiner bereit erklären wollte,
seinen Zug dafür zu opfern.
Insgesamt stellt WUNDERLAND für mich eine
positive Überraschung dar, enttäuschten Lizenzprodukte in der
Vergangenheit doch zumeist. Wunderland dagegen stellt eine echte Option,
nicht nur für das sonntägliche Familienspiel, dar.
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