Händler, Reeder, Werftinhaber
Der Spieler von Heute
ist ja einiges gewohnt. Da müssen alleine ganze Zivilisationen aufgebaut,
Sternenreiche erobert und Handelsimperien gegründet werden. Gleich 3 Jobs auf
einmal, das ist aber selbst für den erfahrensten Spieler ungewöhnlich. Genau
dies bürden uns allerdings Wolfgang Kramer und Michael Kiesling in ihrem neuen
Werk auf.
In Nauticus (Kosmos)
übernehmen 2 bis 4 Spieler nicht mehr nur die Rolle eine Kaufmanns. Vielmehr
müssen wir obendrein auch die Arbeiten als Werftinhaber und Reeder übernehmen.
Schiffe mit Masten und Segeln bauen, Waren herbeischaffen und transportieren
und obendrein auch noch Kapital und Arbeitskraft managen. Das klingt nach
richtig viel Arbeit.
Von
Aktionsrädern…
Das auffälligste Element
in Nauticus ist (neben dem Berg Pappmarkern) das Aktionsrad. Um ebenjenes dreht
sich der überwiegende Teil des Spiels. Vor Spielbeginn gibt es hier allerdings
noch wenig zu sehen, einzig 3 Kreise mit Arbeitern, Boni und Preisen sind auf dem
Spielplan abgebildet. Welche Aktionen schlussendlich wo liegen, wird zu Beginn
jeder Partie (und jeder Runde) bestimmt. Dazu werden die 8 Aktionsplättchen
zufällig auf das leere Rondell verteilt und damit jeder Aktion Boni und Preise
zugeordnet.
In den kommenden 5
Runden (4 bei 2 Spielern) werden jede Runde 7 der 8 Aktionen gespielt.
Abwechselnd sucht ihr euch dazu ein Feld aus, kassiert den Bonus (von Geld über
Arbeiter bis zu Siegpunkten) und führt die Aktion aus. Nun dürfen alle Spieler
mit der gleichen Aktion folgen, kassieren allerdings keinen Bonus. Wie oft die
Aktion ausgeführt wird, bestimmt dabei die Zahl der kostenlosen Arbeiter (0-3)
des Rondells. Für häufigere Verwendung müssen eigene Arbeiter (eine der
Währungen, neben Geld) zugeschossen werden.
…Schiffsbau…
Die einzelnen
Aktionsmöglichkeiten drehen sich, wenig überraschen, primär um Schiffbau und
Handel. So ermöglichen 4 der Felder den Erwerb einzelner Schiffsteile, deren
Masten und Segel oder von Handelswaren. Von jeder Kategorie stehen immer 4
verschiedene Teile zur Verfügung (etwa Rumpf, Bug, Heck und kleines Schiff bei
den Schiffsteilen), deren Preis (0 bis 3) wird dabei vom Rondell festgelegt. Da
nicht immer direkt jedes Element Verwendet werden kann (die Segel müssen etwa
zueinander und den Masten passen), landen regelmäßig Schiffsteile und Waren im
Lager. Eine weitere Aktion ermöglicht entsprechend das Abholen aus demselben
und die direkte Verwendung. Der Verkauf von Waren, sowie Felder die direkt Geld
oder Siegpunkte (in Form einer speziellen Kronenwertung) liefern, runden das
Rondell ab.
…und
Siegpunkten
Neben der Kronenwertung
gibt es in Nauticus Siegpunkte für Schiffe und gelieferte Waren. In beiden
Fällen gilt dabei: je mehr desto besser. Je mehr Waren einer Kategorie (etwa
Kaffee oder Salz) ihr verschifft habt, desto größer der Punkteregen am
Spielende. Je größer eure Handelsschiffe (vom Einmaster bis zum riesigen
Viermaster) desto lukrativer die Ausbeute. Damit allerdings nicht alles nur
eitel Sonnenschein ist, gibt es auch Minuspunkte zu verschmerzen. Bis zu 6
davon kann ein Spieler pro Runde bekommen. Um dies zu vermeiden, muss bei
Aktionen (eigenen oder denen der Mitspieler) ab und an gepasst werden. Wenn
eine Aktion also gerade gar nicht sinnvoll erscheint, kann auf diesem Wege
zumindest etwas Positives herausspringen.
Was
noch zu sagen wäre…
Nauticus ist komplex. So
komplex, dass im obigen Text einige Spielelemente noch gar nicht angesprochen
wurden. So bekommen die Spieler etwa für fertiggestellte Schiffe Boni (von
Arbeitern bis zu Siegpunkten). Auch Kronensegel sind auf diesem Wege zu
erhalten und liefern, neben ihrer normalen Verwendung als Joker, Punkte bei der
Kronenwertung. Weiterhin hat jeder Spieler 1-mal pro Partie die Chance auf eine
beliebige Bonusaktion. Eine gerne genutzte Option um gegen Spielende die
letzte, entscheidende Aktion doch noch durchführen zu können. Auch dass bei
einem Großeinkauf an Plättchen kostenlose Dreingaben möglich sind und ein
mehrfacher Kauf derselben Art deutlich teurer wird, habe ich bislang
verschwiegen. Das sich trotz dieser Fülle alles nahtlos einfügt und perfekt
funktioniert, ist Autoren und Verlag hoch anzurechnen. Bei Kramer &
Kiesling war dies allerdings auch kaum anders zu erwarten.
Fazit
Den reibungslosen
Mechanismen verdankt man, dass erfahrene Spieler sich trotz der Komplexität
bereits zur Mitte der ersten Partie heimisch fühlen. Der Weg zu einer
lukrativen und siegpunktträchtigen Strategie ist allerdings voller Irrwege und
Untiefen. Die zufällige Verteilung der Plättchen und das Wegschnappen wichtiger
Boni durch die Mitspieler sorgen dafür, dass die bestmögliche Vorgehensweise in
jeder Partie anders aussehen kann. Diese zu finden und zu nutzen ist dabei
spielentscheidend, Glück sucht man in Nauticus vergebens. Die Spielzeit bleibt
dabei fast immer im angegebenen Rahmen (bis 90 min), die Wartezeiten zwischen
den Zügen fallen angenehm kurz aus. Einzig mit mehreren Grüblern am Tisch kann
eine Partie auch einmal etwas länger dauern. Einige kleine Kniffe (etwa das
Passen als wichtiges Spielelement oder der häufig rettende Bonuszug) sorgen für
ein durchweg rundes Spielgefühl. Dass bei Nauticus auf Altbewährte Mechanismen
gesetzt wird und große Neuerungen ausbleiben verzeihe ich dabei gerne.
Wer ein Spiel mit eingängigen
Regeln aber ordentlich Tiefgang sucht wird bei Nauticus frischen Wind in den
Segeln spüren.
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