Das
Einmaleins des Städtebauens
„Gut Ding will Weile
haben“ ließ mein Vater mich früher schon immer wissen, wenn ich es mal wieder
etwas zu eilig hatte. Diesen Leitsatz haben sich wohl nun auch Reiner Knizia
und Sebastian Bleasdale zu Herzen
genommen, sind sie mit ihrem neuen Städtebauspiel doch gefühlt ein ganzes Jahr
zu spät. Waren entsprechende Spiele während der Messe 2012 nämlich noch an
allen Ecken zu finden (namentlich erwähnt seien hier Suburbia, Ginkgopolis und
City Tycoon), war die Auswahl für Fans von Sim City und Konsorten 2013 ziemlich
limitiert. Im Gegenzug punktet Prosperity (Ystari) dafür mit einigen neuen
Ideen und sehr interessanten Elementen.
Über einen Zeitraum von 70
Jahren errichten 2 bis 4 Spieler in Prosperity ihre eigene, kleine Stadt. Wie
es sich heutzutage gehört, darf dabei nicht wahllos in Industrie und Forschung
investiert werden, auch der Umweltschutz muss stets im Auge behalten werden. Das
richtige Abwägen zwischen den eigenen Finanzen, dem wissenschaftlichen
Fortschritt und der Infrastruktur ist dabei ebenso wichtig, wie den richtigen
Zeitpunkt zum steigern des eigenen Wohlstandes zu treffen.
Von
Ökologie bis Wohlstand
Wohlstand ist dabei nur eine
der 5 Kategorien die in Prosperity das Vorgehen bestimmen. Die anfänglichen
Spielertableaus liefern darüber hinaus geringfügige Mengen an Energie,
Einkommen und Forschung. Auf Umweltschutz wird andererseits noch nicht wirklich
Rücksicht genommen. Dagegen muss natürlich etwas unternommen werden. Also zieht
der aktive Spieler zu Beginn seiner Runde ein neues Ausbauplättchen und
bestimmt damit, welches der 5 Merkmale in der laufenden Runde gewertet wird. So
kommt neues Geld in die Kasse, Wohlstand generiert Siegpunkte oder negative
Ökologie überwuchert die Wohlstandsleiste. Wurde das neue Plättchen
regelgerecht in der zentralen Auslage platziert, stehen dem Spieler 2 Aktionen
zur Verfügung. Neben Gelderwerb oder wissenschaftlichem Fortschritt steht der
Ausbau der Stadt dabei im Vordergrund. Also eines der ausliegenden Plättchen
kaufen (der Preis hängt dabei vom eigenen Forschungsfortschritt ab) und in die
eigene Stadt integriert.
Kopfrechnen
An dieser Stelle beginnt,
was in vielen Rezensionen als Hauptkritikpunkt angeführt wurde… das
Kopfrechnen. Denn jedes Plättchen liefert einerseits positive, andererseits
aber auch negative Symbole. Kraftwerke etwa sorgen für Energie, der Wert für Ökologie
sinkt aber gleichzeitig. Ein Plättchen mit +4 Energie und -2 Ökologie liefert
netto also +2. Da für Plättchen allerdings nur begrenzt Baufelder zur Verfügung
stehen, wird häufig ein älteres Gebäude überbaut. Dies muss zusätzlich
berücksichtigt werden. Hatte also das alte (und nun überbaute) Kraftwerk einen
Nettogewinn von +1 sinkt der Wert des neuen Kraftwerkes entsprechend. Obendrein
sollte berücksichtig werden was in der laufenden Runde bereits gewertet wurde.
Gab es etwa gerade eine Ökologiewertung, so wird diese nun für einige Runden
nicht mehr vorkommen. Hier kann also etwas rabiater vorgegangen werden.
Gleichzeitig herrscht trotzdem stets ein gewisser Zufall, welche Wertung als
nächstes Folgt ist selten gänzlich vorhersehbar.
Fazit
Dieser Zufall kann
gerade in einem ansonsten vollständig planbaren Spiel zu Frust führen und
stellt damit durchaus einen Kritikpunkt dar. Auch die ständige Rechnerei wird
von einigen Spielern negativ aufgefasst, die einzelnen Partien wollen genau analysiert
und durchkalkuliert werden. Ich persönlich mag solche Spiele sehr gerne. Ich
kann bereits von der ersten Runde an mein Vorgehen planen und mir überlegen, wo
mich eine Partie hinführen soll. Welche Plättchen wann kommen ist zwar (in
Grenzen) zufällig, aber selten spielentscheidend. Auch der vielzitierte Satz
„Das fühlt sich wie Arbeit an“ trifft auf mich hier nicht zu. Dafür sind die
Grundregeln zu eingängig, die Spieldauer zu überschaubar. Ich empfinde Prosperity
vielmehr als anspruchsvolles Spiel welches planvolles Vorgehen belohnt und
dabei erfasst und gelernt werden will. Ich hatte an allen bisherigen Partien
meinen Spaß und halte „Prosperity“ durchaus für eine Bereicherung meiner
Spielesammlung.
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