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Dienstag, 22. März 2016

Pathfinder Abenteuerkartenspiel: Unter Piraten



Vor gut zwei Jahren erschien mit Pathfinder: Das Erwachen der Runenherrscher ein Spiel, das rechte unterschiedliche Reaktionen hervorrief. Eine geniale Charakterentwicklung gepaart mit einer spannenden Kampagne einerseits. Spielerisch überschaubare Möglichkeiten und materielle Probleme andererseits. Und dennoch war das System wohl erfolgreich genug, um nun auch das zweite Grundspiel in deutscher Sprache zu veröffentlichen.  Und Unter Piraten (Brown, O'Connor, Peterson, Selinker und Weidling / Heidelberger Spieleverlag) macht vieles ähnlich wie der Vorgänger, einiges tatsächlich aber auch besser.

Erneut besteht unser Held eigentlich nur aus einer Hand voll Karten und einigen Charaktereigenschaften. Erneut prügeln, schleichen und lavieren wir uns durch mehrere Kartendecks auf der Suche nach dem Boss. Erneut nutzen wir dafür Würfel. Und dennoch fühl sich die neue Version einfach runder an.
 
Das Abenteuer
Beginnen möchte ich an dieser Stelle mit dem prägendsten Element der Pathfinder Abenteuerkartenspiele: Der Kampagne. Denn jedes Basisspiel bietet für sich genommen bereits mehrere Abenteuer, die in einer vorgegebenen Reihenfolge gespielt werden. Diese gehören allesamt zu einem Abenteuerpfad, dessen erste Box bereits enthalten ist, weitere können nachgekauft werden. All diese Abenteuer warten am Ende mit verschiedenen (permanenten) Belohnungen für eure Helden auf, wodurch sich diese im Laufe des Spiels stetig verbessern. Zugleich wachsen natürlich auch die Herausforderungen. Und genau hier liegt auch der größte Spielreiz. Die Entwicklung der Charaktere, das Bekämpfen immer stärkerer Wiedersacher und das gemeinsame Bestreiten epischer Abenteuer.


Die Helden
Wie genau wird ein Held in Pathfinder aber jetzt dargestellt? Nun, anfänglich besteht jeder Held aus gerade einmal einigen Eigenschaften sowie einem Deck aus 15 Karten. Sowohl die Eigenschaften als auch die Deckzusammenstellung unterscheiden sich dabei natürlich wesentlich. So erhält etwa ein Krieger im Nahkampf laut Eigenschaften einen mächtigen zwölfseitigen Würfel und hat in seinem Deck mehrere Waffen und Rüstungen. Ein Heiler setzt dagegen eher auf Zauber, hat hohe Werte in Weisheit, muss dafür im Kampf aber mit einem mickrigen Vierseiter auskommen. Im Laufe des Spiels wird sich all das zwar ändern indem wir bessere Karten oder zusätzliche Punkte für die Würfel bekommen. An der grundlegenden Ausrichtung eines Charakters ändert sich aber auch nach dutzenden Abenteuern nichts.


Die Schurken
Jetzt habe ich bereits von Würfeln und Karten gesprochen, allerdings noch nicht erwähnt wie diese eingesetzt werden. Und das ist in Pathfinder eigentlich recht einfach gelöst. Denn auch die Abenteuer bestehen aus einer Reihe von Kartendecks. Je nach Abenteuer werden dabei vorab einige Orte (auch Karten) aus der Box herausgesucht. Im Anschluss bekommt jeder Ort sein eigenes Kartendeck, gefüllt mit einer spezifischen Zusammensetzung an Monstern, Fallen, Ausrüstung und Bossen. Sind wir am Zug, können wir einen Standort durchsuchen, indem wir die oberste Karte ziehen. Je nach Art steht nun eine Probe an um etwa das Monster zu bekämpfen oder das neue Schwert an uns zu bringen. Dazu werfen wir einen (oder mehrere) Würfel und vergleichen das Ergebnis mit der Zielzahl. Bei Erfolg ist das Hindernis überwunden / der neue Helm erobert / der neue Zauber gelernt. Misserfolg wird dagegen häufig mit Schaden bestraft, wodurch wir Karten abwerfen müssen. Ist unser Kartenstapel aufgebraucht segnen wir das Zeitliche. Entsprechend positiv ist es, dass Pathfinder kooperativ ist und uns andere Helden selbst mit Fähigkeiten und Karten im Kampf unterstützen können.
 


Der Bösewicht
Ziel des ganzen Unterfangens ist es in fast jedem Szenario, den Bösewicht einzufangen. Dieser versteckt sich stets in einem der Decks, die übrigen werden von seinen Lackeien unsicher gemacht. Können wir einen davon aufspüren und besiegen, dürfen wir versuchen den Ort zu schließen. Damit ist der Ort erledigt und kann nicht mehr vom Boss aufgesucht werden. Denn sobald wir diesen finden, tritt er die Flucht an einen der noch offenen Orte an. Um als Sieger aus einer Partie hervorzugehen, müssen wir entsprechend möglichst alle Orte schließen und den Boss am letzten Ort in die Enge treiben. Und das am besten, bevor das durchaus knappe Zeitlimit (30 Runden) oder der Tod unserer Helden das Unterfangen vereiteln.


Änderungen zum ersten Teil
Wer den Vorgänger (Das Erwachen der Runenherrscher) kennt, für den dürften die obigen Regeln keine Überraschung beinhalten. Dennoch hat sich bei „Unter Piraten“ durchaus etwas getan, auch wenn sich beide Spiele regeltechnisch kaum unterscheiden. Tatsächlich neu ist dabei in erster Linie das Piratenschiff, mit dem wir über weite Teile der Kampagne unterwegs sind. Spielerisch wird dies aber in erster Linie verwendet um andere Schiffe zu bekämpfen und zu Plündern (für einige wenige Karten) oder als Ziel für feindlichen Beschuss. Nennenswert aufrüsten können wir das Schiff nicht, allenfalls bessere Schiffe gibt es ab und an.
Leicht überarbeitet wurde auch das Regelheft, einige Passagen wurden minimal vereinfacht. Spielerische Unterschiede konnte ich hier aber nicht feststellen. Zuletzt erschienen mir die Abenteuer etwas abwechslungsreicher. Größere Abweichungen vom bekannten Schema sind zwar noch immer nicht enthalten, die Standorte selbst, deren Fähigkeiten sowie ihre Verwendung wirken für mich aber etwas spannender und nicht mehr so monoton. Und auch die materiellen Schwächen bei den Karten wurden wohl weitestgehend behoben. Zwar ist die Qualität noch immer nicht die beste, aber zumindest haben die Karten der Grundbox inzwischen die gleiche Größe wie die Karten der Erweiterung.

Fazit
Wer den vorangegangenen Absatz gelesen hat, der kann sich das Fazit ja eigentlich sparen. Da ich bereits den Vorgänger (trotz aller Probleme) mochte, wäre es doch sehr überraschend vom verbesserten Nachfolger nicht angetan zu sein. Aber auch abseits der größeren Abwechslung und des besseren Materials konnte mich Unter Piraten überzeugen. Die stets spannende Charakterentwicklung, die Mischung aus Deckbau und „Rollenspiel“, das Gefühl des gemeinsamen Vorankommens und die hohe Variation der Charaktere… all das weiß mich noch immer zu begeistern. Zugleich bietet Pathfinder auch durchaus relevante Entscheidungen (etwa gemeinsam oder getrennt vorzugehen) und immer wieder spannende Situationen. Dass dabei durchaus auch weniger sinnvolle Situationen entstehen können (wie der Kampf gegen einen Hai auf einer Bergspitze), das muss man einfach schmunzelnd zur Kenntnis nehmen.

Natürlich ist Pathfinder dennoch kein Spiel für Jedermann. Vielmehr verfügt es meiner Meinung nach über eine sehr spezielle Zielgruppe. Denn Pathfinder ist weder besonders strategisch noch spielerisch anspruchsvoll, dabei aber durchaus komplex was die Regeln angeht. Die Vielzahl von Sonderfähigkeiten will im Blick behalten werden, bei fast jeder Probe werden mehrere Würfel zusammengesucht, Boni addiert, Hilfestellungen der Mitspieler berücksichtigt. Und am Ende entscheidet doch ein einziger Wurf über Erfolg oder Misserfolg. Gerade wenn dadurch auch einmal das Leben eines hochstufigen Helden frühzeitig beendet wird, kann durchaus auch Frust aufkommen. Denn bei allen Regeln, Optionen und Variationen bleibt Pathfinder zu einem wesentlichen Teil ein Glücksspiel. Und dazu kann auch gehören, dass einzelne Helden in einzelnen Szenarien mehr die Rolle von Dekoration einnehmen, da sie genau dafür gerade vollkommen unbrauchbar sind. Auch wenn gerade dann das kooperative Gefühl sehr stark ist, sollte man sich dessen vor der Anschaffung auf jeden Fall bewusst sein.

Meine Mitspieler und ich wussten allerdings worauf wir uns einlassen und hatten bisher noch an jeder Partie unseren Spaß. So, und jetzt muss mein Kampfmagier noch aus einigen Haien Sushi machen.
 

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