Es ist mal wieder jene
Jahreszeit. Es wird früh dunkel, die Temperaturen fallen und vereinzelt wurde
sogar schon Schnee gesehen. Weihnachten rückt immer näher und damit auch
reichlich Zeit für Brettspiele. Perfekt also, um mal wieder ein großes Werk mit
reichlich Material anzugehen. Und da kommt uns Myth (Shotton und Sims /
Heidelberger) doch genau recht. Denn schon die große Box lässt auf vieles
hoffen und der Aufdruck verspricht glorreiche Abenteuer.
In Myth streiten wir
einmal mehr gemeinsam gegen Tod und Teufel, rüsten unsere Helden auf und
erobern mächtige Ausrüstung. Und all das, um damit noch stärkere Gegner zu
besiegen um an noch bessere Ausrüstung zu kommen.
Sandbox
Die Beschreibung von Spielen wie Myth beginne ich üblicherweise gerne mit ein oder zwei Worten zur Geschichte, zur Aufgabe der Spieler. In diesem Fall gestaltet sich das allerdings recht schwierig. Denn Myth hat schlicht und ergreifend weder eine Hintergrundgeschichte noch eine Welt in der es spielt oder auch nur Szenarien. Vielmehr handelt es sich um ein sogenanntes Sandbox-System. Gemeint ist damit, dass es reichlich Material und ein Regelkonstrukt enthält, für passende Abenteuer müssen die Spieler aber selbst sorgen. Das geht sogar so weit, dass die Spieler beim Erkunden neuer Gebiete selbst entscheiden, ob sich in diesen Fallen oder Bosse befinden oder gegen welche Gegner sie fechten wollen. Einzig ein Stapel Questkarten gibt zumindest kleinere Aufgaben vor, sofern die Spieler darauf zurückgreifen wollen. Davon abgesehen bietet Myth recht klassische Kost, indem wir gemeinsam allerlei Gegner besiegen, Aufgaben erledigen und unsere Recken ausrüsten.
Die Helden
Trotz all der enthaltenen Entscheidungen fällt die erste doch schon vor dem ersten Abenteuer. Denn die Wahl eures Helden ist in Myth von großer Bedeutung, unterscheiden sich die Recken doch allesamt deutlich voneinander. Gemeinsam haben sie eigentlich nur, dass sie stets aus einem Kartendeck bestehen. All unsere Aktionen, vom Angriff über den Zauber bis zum Entschärfen der Fallen führen wir damit aus. Dabei zeichnet sich Myth durch zwei Besonderheiten aus. Einerseits dürfen wir die Reihenfolg unserer Züge nach Belieben bestimmen. Es ist durchaus erlaubt, dass ein Held sich bewegt, der andere danach angreift und Held eins im Anschluss noch einen Zauber wirkt. Einzig die Zahl der gespielten Karten begrenzt unsere Aktionen. Als zweite Besonderheit ist jeder Karte ein Bedrohungswert zugeordnet. Je mächtiger eine Aktion desto mehr Bedrohung erzeugt sie. Haben wir ausreichend Bedrohung gesammelt, schlagen die Gegner automatisch zurück und bekommen Verstärkung. Dieser Mechanismus macht das Spiel enorm kooperativ und führt zu stetigen und umfangreichen Absprachen.
Die
Abenteuer
Der Spielverlauf selbst
läuft dagegen wieder in recht klassischen Bahnen. Sobald wir mit unseren Helden
ein neues Spielplanteil betreten (und nach eigenen Wünschen bestücken) stellen
sich uns einige Gegner in den Weg. Um diese aus dem Weg zu räumen benötigen wir
eine Angriffskarte sowie eine passende Waffe. Gemeinsam bestimmen diese die Zahl
der Würfel und den verursachten Schaden. Etwas ausgefallener sind da die
Sonderwürfel, die über verschiedene Symbole verfügen. Mit diesen können wir
Sondereffekte unserer Ausrüstung auslösen um etwa mehr Schaden zu machen, zu
heilen oder Mitstreiter zu unterstützen. Konnten wir eine Schneise durch die
Gegner schlagen, sollten wir uns möglichst schnell den Brutstätten annehmen.
Denn diese spucken stetig neue Gegner aus, was wir dringend unterbinden
sollten. Obendrein müssen wir uns um Fallen kümmern, Bosse besiegen und
natürlich auch die eine oder andere Aufgabe erledigen.
Wir werden besser
Wie es sich für ein Spiel dieser Art gehört, entwickeln wir unsere Helden natürlich auch stetig weiter. Üblicherweise geschieht dies über Schätze die wir für besondere Aktionen erhalten. Zumeist erlauben diese, einen Schatzmarker aus einem Beutel zu ziehen welcher wiederrum eine Ausrüstungskarte bringt. Über Aufgaben lässt sich dabei die Zusammenstellung der Schatzmarker ändern, wodurch wir mit der Zeit an qualitativ bessere Ausrüstung kommen. Und da dieser Vorteil auch über viele Partien erhalten bleibt, ist hier durchaus ein gewisser Anreiz zu spüren. Gleiches gilt übrigens für neue (und leider sehr wenige) Karen die wir in unser Deck befördern nachdem wir Bosse besiegt haben. Und wenn wir Myth überleben wollen, benötigen wir jeden kleinen Vorteil.
Fazit
Myth ist ein sehr spezielles Spiel. Anders
als bei vergleichbaren Werken muss man hier bereit sein, sich seine Geschichte
selbst zu erschaffen. Auch wenn es inzwischen durchaus einige Szenarien (in
Englisch) zum Download gibt ist das normale Spiel weit von gewohnten Szenarien
oder genauen Vorgaben entfernt. Das gefällt mit Sicherheit nicht jedem, bietet
für kreative Köpfe allerdings auch einige Möglichkeiten. Zudem bieten die
Regeln einiges an Potential und das enthaltene Material ist durchaus
mannigfaltig. Spielerisch sind zudem einige schöne Ideen enthalten.
Insbesondere die Entwicklung des Schatzbeutels und die enorm flexible
Heldenphase wissen zu gefallen, bedingt gerade letztgenanntes doch eine
intensive Zusammenarbeit und ein enorm taktisches Vorgehen der Spieler.
Leider hat Myth aber auch
einige Schwächen, die sich nachhaltig auf den Spielspaß auswirken. Dabei wirkt
sich unter anderem das Fehlen einer Story negativ aus. Sehr schnell erreicht
man einen Punkt, an dem es nichts Neues mehr zu entdecken gibt. Verstärkt wird
dies durch die sehr geringe Menge an enthaltenen Gegnern. Gerade einmal zwei
Standardgegner sind enthalten, dazu eine Handvoll Mini- und Endbosse.
Insbesondere das Kanonenfutter beginnt enorm schnell zu langweilen. Hier macht
sich einmal mehr das Kickstarter-Phänomen bemerkbar, denn es scheint an allen
Ecken und Enden etwas zu fehlen. Gerade in dieser Preisklasse ein absolutes
Unding. Gleiches gilt im Übrigen für die Charakterentwicklung. Abseits der
besseren Ausrüstung gibt es gerade einmal fünf verbesserte Aktionskarten, das
Maximum ist hier schnell erreicht.
Möglicherweise bietet Myth
in der Kickstarter-Version und mit haufenweise zusätzlichem Material
langfristigen Spaß. In dieser Form hat man allerdings bereits nach sehr wenigen
Partien alles gesehen, einen Anreiz tiefer in das System einzusteigen hatten
zumindest wir nicht.
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