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Mittwoch, 23. Januar 2019

Spirit Island


Wir Spieler sind es ja durchaus gewohnt, neue Gebiete zu kolonisieren und uns untertan zu machen. Und bislang verlief das, abgesehen von missbilligenden Blicken unserer Mitspieler, zumeist ungestraft. Bislang. Denn in Spirit Island (R. Eric Reuss / Pegasus) erleben wir nun auch einmal die andere Seite. Nun schützen wir die Insel vor den eindringenden Invasoren. Glücklicherweise sind wir dabei alles andere als wehrlos. Vielmehr sind wir als Naturgeister sogar sehr gut in der Lage, mit ein paar Endringlingen fertig zu werden. Doof nur, dass es sich selten nur um ein paar Invasoren handelt.






Die Invasoren kommen
Zu Beginn sieht es auf unserer Insel eigentlich noch ganz einladend aus. Die Eingeborenen haben überall Hütten verteilt, die unliebsame Ödnis beschränkt sich auf einige wenige Ecken und wir können noch ganz entspannt der Dinge harren. Einzig die Invasoren, die bereits an mehreren Stellen aufgetaucht sind, trüben das idyllische Bild etwas. Und das ist erst der Anfang. Denn Runde für Runde breiten sich diese weiter aus indem sie Städte errichten und neue Kolonisten anlanden lassen. Zu viele Invasoren führen schnell zur Niederlage, veröden sie doch die Gegend, vernichten die Eingeborenen und schaden selbst uns Göttern. All das wird mittels gezogener Gebietskarten gesteuert und ist somit zumindest halbwegs planbar. 


Die Geister erheben sich
Glücklicherweise sind wir alles andere als wehrlos, auch wenn unsere Möglichkeiten zu Beginn noch begrenzt sind. So startet jeder Geist stets mit 4 Karten und einigen Fähigkeiten. Diese aufeinander abzustimmen ist die Quintessenz von Spirit Island. Dazu entscheiden wir zu Beginn jeder Runde gleichzeitig, was wir zu tun gedenken. Gegner angreifen, Dörfer schützen oder doch lieber eine unterstützende Rolle einnehmen. Stets sollten dabei die Mitspieler in die Entscheidungen miteinbezogen werden, hat doch jeder Geist seine Vor- und Nachteile. Manch einer macht besonders viel Schaden, andere gar keinen. Manche heilen das Land, andere verbreiten Furcht unter den Invasoren. Es gilt: Nur zusammen ist man stark.


Kampf mit den Karten
Allen Geistern gemein ist allerdings, dass die meisten Aktionen über die Karten laufen. Davon dürfen wir jede Runde nur eine begrenzte Anzahl spielen und auch nur, wenn wir sie uns leisten können. Im Laufe des Spiels erwerben wir immer mehr Karten, was unsere Möglichkeiten stetig vergrößert. Allerdings sollte bei den Karten nicht nur auf deren Effekt geachtet werden. Vielmehr kommt den Energiesymbolen nicht weniger Bedeutung zu. Wählen wir diese richtig werden unsere Effekte und sogar die Karten selbst immer mächtiger. Zudem werden manche Karten vor den Invasoren und manche danach ausgelöst.

Furcht ist unser Freund
Bekommen wir anfänglich die anbrandenden Wellen aus Invasoren kaum in den Griff, können wir später ganze Naturkatastrophen heraufbeschwören. Und das ist auch gut so. Denn um zu gewinnen, müssen wir große Teile der Invasoren vom Plan tilgen. Zu Beginn bedeutet das, den Plan zu räumen. Je mehr Furcht wir generieren, desto näher rückt aber auch der Sieg. Theoretisch können wir die Gegner sogar so in Angst versetzen, dass sie einfach Alle das Weite suchen. Wenn das gelingt sollte allerdings der Schwierigkeitsgrad angehoben werden. Dazu enthält das Spiel verschiedene Nationen sowie Szenarien, die uns stets vor neue Herausforderungen stellen.


Fazit
Spirit Island ist zweifelsfrei ein echtes Expertenspiel. Das Beginnt schon bei der Anleitung, die zwar alle Fragen klärt, deren Umfang und Detailfülle aber schnell erschlägt. Gerade in den ersten Partien muss ständig etwas nachgeschlagen werden, kaum jemand wird die ersten Runden ohne Spielfehler überstehen. Das geht weiter mit all den Optionen und Möglichkeiten, die zu erfassen viel Zeit benötigt. Dankenswerterweise wurden die Geister nach Komplexität sortiert, für die leichten gibt es sogar eine Vorauswahl an nachzuziehenden Karten. Das erleichtert den Einstig zumindest etwas. Auch die optische Trennung der Einheiten (Invasoren aus Plastik, Eingeborene aus Holz) ist ein schöner Kniff, der das Verständnis erleichtert. Dennoch: Wer auf einen schnellen Einstig und unkomplizierte Regeln wert legt, der könnte hier viel falscher nicht sein.

Auch der Spielverlauf selbst ist, gerade zu Beginn, alles andere als leicht. Bereits mit dem eigenen Geist hat man alle Hände voll zu tun. Grundverschiedene Fähigkeiten wollen ebenso gemanagt werden wie die unterschiedlichen Karten. Selbst das Nachziehen neuer Karten ist eine Herausforderung. Schnell kann man hier voreilig zu einer starken Karte greifen, die am Ende aber durch falsche Elemente oder sonstige Einschränkungen fast nutzlos ist. Und selbst wenn man den eigenen Geist gemeistert hat: Ohne Absprache mit den Mitspielern kommt man dennoch nicht weit. Schlussendlich ist genau das auch einer der wesentlichen Punkte. Man muss solche Diskussionen und Absprachen mögen. Gemeinsam zu beraten und den besten Weg zu finden macht den größten Teil der Spielzeit von Spirit Island aus. Und diese ist mit bis zu 3 Stunden durchaus ordentlich. Wer das nicht mag ist hier ebenfalls falsch.

So, genug der Kritik. Wenn ihr immer noch hier seid, dann seid ihr offensichtlich richtig. Denn wer sich vom Regelumfang und den ausufernden Planungen und Absprachen nicht abschrecken lässt, der bekommt mit Spirit Island ein herausragendes Spiel. Die Möglichkeiten das Spiel auszuloten, den eigenen Geist nach und nach zu entwickeln und die anfänglich übermächtigen Invasoren am Ende doch von der Insel zu jagen, fesseln wie nur wenige andere Spiele. Auch das kooperative Spiel beeindruckt. Herauszufinden welche Geister harmonieren, wie man sich gegenseitig unterstützt und die eigenen Stärken voll ausspielt motiviert einfach ungemein. Einen Alphaspieler, wie in vielen kooperativen Spielen zu finden, kann es hier alleine schon aufgrund der Komplexität nicht geben. Wenn sich nicht jeder voll einbringt ist die Mission zum Scheitern verurteilt. Zudem bieten all die Geister, Karten und insbesondere Nationen und Szenarien eine Fülle von Optionen, die auch langfristig Abwechslung versprechen. Wenn ihr epische Spiele mögt seid ihr hier richtig.


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