Meine Damen und Herren
an Blog S. Die Rezension zu „Colt Express“ hat voraussichtlich 6 Monate
Verspätung. Wie hoffen auf ihr Verständnis und wünschen noch ein angenehmes
Leseerlebnis… Rund ½ Jahr musste ich warten, nur um diese Einleitung schreiben
zu können. Und all das nur, weil in Colt Express (Christophe Raimbault /
Asmodee) ein Zug enthalten ist.
Doch eigentlich spielt
gar nicht der Zug die Hauptrolle, auch wenn er den überwiegenden Teil der Box
beansprucht. Entscheidender sind vielmehr die Karten und was wir mit diesen
anstellen. Denn als echte Räuber gewinnt natürlich nur, wer am meisten Beute
machen kann.
In
3D und Farbe
Das auffälligste an Colt
Express ist dennoch die dreidimensionale Lok und ihre Waggons, die quasi als
Spielbrett dienen. In diesen befinden sich zu Spielbeginn Wertgegenstände (von
der kleinen Börse bis zum lukrativen Geldkoffer) sowie unsere gierigen
Banditen. Um an all die schönen Dinge zu gelangen (und auch für alles Andere)
stehen jedem Spieler 10 Karten zur Verfügung, von denen 6 gezogen werden.
Während eines Durchganges spielen wir nacheinander jeweils eine dieser Karten,
führen die darauf abgebildete Aktion aber noch nicht aus. Vielmehr werden (je
nach Streckenabschnitt) 4 bis 6 Karten je Spieler ausgespielt und erst im
Anschluss der Reihe nach abgehandelt. Entsprechend sollten wir uns (wenn
möglich) besser merken was die anderen Spieler anstellen, um das eigene
Vorgehen bestmöglich abzustimmen.
Programmierte
Aktionen
Was genau können wir mit
diesen Karten aber nun anstellen? Wenig überraschend dienen mehrere davon der
Bewegung. Dabei können wir einerseits innerhalb des Zuges den Waggon wechseln,
oder aber (ganz im Western-Style) auf dessen Dach klettern. Selbstredend können
wir uns natürlich auch herumliegender Schätze bemächtigen und sollten dies auch
exzessiv tun. Hat ein Mitspieler Diebesgut das wir als unser Eigenes ansehen,
hilft ein schneller Fausthieb, damit das Beutegut zu Boden fällt. Aber ein
Zugraub wäre kein Zugraub, wenn wir nicht auch ordentlich blaue Bohnen
verteilen könnten. Mittels Pistolenkarte können wir einen Mitspieler in
Sichtweite beschießen und ihm damit sogar eine Verletzung zufügen. Simuliert
wird dies, indem wir dem Spieler eine Patronenkarte (eine Niete) ins Deck
mischen wodurch seine späteren Kartenhände deutlich geschwächt werden. Gleiches
passiert übrigens, wenn uns der Marshall erwischt, der über eine weitere Karte
bewegt werden kann.
Charaktere
Natürlich sind weder
alle Zugstrecken identisch, noch verfügen alle Banditen über die gleichen
Fähigkeiten. So wird etwa die gutaussehende Belle nur selten beschossen, Tuco
kann durch die Decke ballern und Doc beginnt jede Runde mit mehr Karten. Auch
die Strecken unterscheiden sich deutlich. Durchfahren wir etwa Tunnel werden einzelne
Karten verdeckt gelegt. Auch Vollbremsungen des Zuges, Aufstände der Passagiere
oder ein deutlich gereizterer Marschall stehen auf dem Programm. Doch trotz
aller Widrigkeiten wollen wir am Ende immer als reichster Bandit den Zug
verlassen.
Fazit
Colt Express hat alleine
schon aufgrund des Materials einen enormen Aufforderungscharakter. Ein Blick
genügt zumeist, um Lust auf eine Partie zu machen. Glücklicherweise sind auch
die Regeln nicht allzu komplex, nach 1 bis 2 Durchgängen ist das Prinzip verstanden.
Und ab dann geht es an den meisten Spieltischen rund. Es wird taktiert,
geflucht und Süßholz geraspelt. Insbesondere in Gruppen die nicht Alles zu
ernst nehmen, sorgen die reichlichen Chaosmomente für viel Spaß. Strategen
werden vielleicht die phasenweise nur sehr geringe Kontrolle bemängeln. Aber
auch sie gehen üblicherweise in dem packenden Spielerlebnis auf.
Ganz ohne Kritikpunkte ist Colt Express dann aber doch nicht. So haben Menschen mit großen Händen oder Grobmotoriker durchaus ihre Probleme, der Platz in den Wagons ist eher für filigrane Fingerakrobaten ausgelegt. Auch die Charakterfähigkeiten sind keineswegs ausgeglichen, einige sind doch deutlich stärker als andere. Das größte Manko für mich ist allerdings die Partie zu zweit. Es ist zwar eine entsprechende Variante enthalten bei der jeder 2 Figuren steuert, Spielspaß kommt hier aber nicht auf. Dann lieber gleich eine höhere Mindestspielerzahl auf die Packung. Denn mit größeren Gruppen macht Colt Express einfach Spaß, woran auch diese Kleinigkeiten wenig ändern.
Wenn ihr der Meinung seid Brettspiele könnten deutlich mehr Züge vertragen, dann schaut euch mal Russian Railroads (HIER) an. Oder geht es euch vielleicht doch nur um schnöden Mammon? Dann könnte Fremde Federn (HIER) euer Spiel sein.
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