Zu Zeiten der Gebrüder Grimm waren die
Rollen in Märchen noch klar verteilt. Während die wunderschöne Prinzessin
üblicherweise in irgendeine Form von Problem geraten ist (von Entführung bis
hin zu jahrhundertelangem Tiefschlaf), war der edle Ritter zumeist für die
Rettung derselben zuständig. Auch die Rolle des Drachen war offensichtlich,
schließlich braucht jeder Held auch einen möglichst furchterregenden
Widersacher. Glücklicherweise haben sich die Zeiten geändert, heute marschieren
Prinzessinnen und Ritter gemeinsam durch das Königreich. Und auch der Drache
entpuppt sich in Fairy Tile (M. Dunstan & B. J. Gilbert / Huch!) als weit
weniger schrecklich als befürchtet.
Das
Märchen Beginnt
Zu Beginn der Geschichte tummeln sich
die 3 Protagonisten an verschiedenen Enden des noch recht kleinen Landstriches.
Damit sich das Märchen entfaltet, bekommen alle Spieler einen Stapel
Auftragskarten, die nach und nach erledigt werden müssen. Üblicherweise
bedeutet dies, dass sich etwa Drache und Prinzessin im Wald treffen, der Ritter
einen großen Fluss besucht oder der Drache die übrigen Personen sehen kann. Stets
ist dabei nur ein Auftrag aktiv. Sollte diese aber so gar nicht passen, kann
man ihn auch nach unten in den eigenen Stapel befördern. Dabei muss man zwar
auf den aktuellen Zug verzichten, darf dafür aber später eine zusätzliche
Aktion ausführen.
Die
Figuren agieren
Apropos Aktion: Wer am Zug ist, der darf
entweder ein neues Landschaftsteil anlegen, oder eine der Figuren bewegen. Dabei
unterscheiden sich die Bewegungsregeln aber, je nach Figur, grundlegend. So
bewegt sich die Prinzessin stets nur 1 Feld, darf dafür aber von Schloss zu
Schloss hüpfen. Der Ritter läuft 2 Felder, der Drache dagegen solange in gerade
Linie, bis er das Ende des Spielplans erreicht. Das Ende des Spiels ist dagegen
erreicht, sobald ein Spieler alle seine Auftragskarten erledigt hat.
Ein
Happy End?
Fairy Tile macht bereits auf den ersten
Blick so einiges her. Insbesondere die Figuren sind wirklich schön, aber auch
die Illustrationen verbreiten ein märchenhaftes Flair. Auch das Spiel selbst
kommt als nette Knobelei daher. Die variablen Bewegungen stellen einen vor
interessante Aufgaben, zugleich ist der Ablauf aber flott und schnell
verinnerlicht. Keine Frage, dass sich das Spiel dabei nicht gerade an erfahrene
Strategen und Vielspieler richtet.
Leider zeigt sich aber auch die
Zielgruppe von Fairy Tile nicht wirklich begeistert. Und der Grund dafür sind,
im Wesentlichen, die Aufträge. Denn deren Schwierigkeitsgrad schwankt extrem.
Je nach Situation sind manche so nebenbei zu erledigen, andere fast gar nicht
zu schaffen. Welche Aufträge man bekommt ist aber reine Glückssache und
entsprechend häufig auch der Spielausgang. Der Vogel wird dabei abgeschossen,
wenn bestimmte Aufträge schlicht gar nicht mehr zu erfüllen sind. Das passiert
zwar eher selten, der betroffene Spieler hat aber automatisch verloren. Einfach
so, weil er zu Beginn zufällig die falsche Karte ausgeteilt bekommen hat.
Besonders unterhaltsam (Achtung: Ironie)
ist es auch, wenn zwei Spieler die gleiche Figur an unterschiedlichen Enden des
Plans benötigen. Gerade zu zweit wird dann Runde für Runde hin und her gezogen,
bis schlussendlich jemand in den sauren Apfel beißt und bewusst einen anderen
(schlechteren) Zug wählt. Mit steigender Spierzahl nimmt dagegen das Chaos zu.
Kann man einen Auftrag nicht in einer Runde erledigen, hat sich das Bild bis
zum nächsten Zug zumeist komplett geändert und die Überlegungen beginnen von
vorne. Dieses Märchen hat leider kein Happy End.
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