Die Legenden von Andor habe ich in den Wochen
und Monaten nach seinem Erscheinen (wie HIER nachzulesen) sehr gerne und häufig
gespielt. Durch die starke Fokussierung auf eine packende Story wusste das
Spiel schnell zu begeistern. Aus dem gleichen Grund verlor es nach einmaligem
Durchspielen aber an Reiz und geriet schon fast in Vergessenheit. Entsprechend
war ich mir auch keineswegs sicher, ob mich die neue Erweiterung noch einmal
packen würde. Andor war in meinen Gedanken eigentlich schon gerettet und
abgehakt. Tja, so kann man sich irren.
Die Reise in den Norden (Michael Menzel /
Kosmos) knüpft mehr oder weniger genau da an, wo uns die vorherigen Abenteuer
zurückgelassen haben. Dabei bietet das Spiel viel Altbewährtes, gleichzeitig
aber auch reichlich neue Ideen.
Der
Start
Für die ersten Schritte in den kalten Norden benötigen
die Helden dabei, in der Theorie, so gut wie keine Regellektüre. Die
beiliegenden Legendenkarten beschreiben vielmehr fast alle benötigten Regeln
im Spielverlauf und erwähnen sogar, welches Material aus dem Basisspiel entnommen werden muss.
Gänzlich ohne Anleitung kommt man aber doch nicht aus, zu viele neue Marker,
Monster, Gegenstände und Ähnliches wollen auf dem Plan platziert, erkundet und
bekämpft werden. Hier muss durchaus des Öfteren das Beiblatt bemüht werden.
Oder wisst ihr, was genau ein Nerax ist? Ist der Start aber erst einmal
geglückt, zieht uns der Norden schnell in seinen Bann und wartet mit diversen
frischen Ideen auf.
Was ist
Neu?
Die Reise in den Norden bietet durchaus
einiges an neuen Elementen und spannenden Geschichten. Allerdings machen diese einen
wesentlichen Reiz der Spielerfahrung aus, so dass ich mich im Folgenden nur auf
diejenigen Elemente beschränken werde, die bereits vor Spielbeginn ersichtlich
sind.
Am auffälligsten ist mit Sicherheit das
Schiff. Einerseits befährt es als schicke Holzfigur den neuen Spielplan,
andererseits ist es als Papptableau bereit von uns ausgebaut zu werden. Das
Spannende dabei: Das Schiff ermöglicht allen Helden ein gemeinsames
Vorankommen. Ein einzelner Spieler wendet Zeit auf, der Rest (sofern er nicht
über Bord springen will) fährt kostenlos mit. Dabei spielt die aktuelle
Wetterlage eine nicht unwesentliche Rolle und bestimmt die Geschwindigkeit.
Obendrein kann vom Schiff aus auch gekämpft werden, Ausbauten ermöglichen sogar
ein deutliches Anheben der Kampfkraft. All das kostet aber natürlich wieder Gold,
das an anderer Stelle fehlt. Eine reizvolle Zwangslage.
Damit das Schiff auch von fähigen Händen
gesteuert wird, liegt dem Spiel der Seekrieger bei, der den Zwerg aus dem
Basispiel ersetzt. Eine geschichtliche Begründung für dessen Fernbleiben bietet
die Bonuslegende “Der Kampf um Cavern“. Dass die Fähigkeit
des Zwerges auf dem Nordspielplan nicht eingesetzt werden kann, dürfte aber
auch eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben.
Während das Schiff und der Seekrieger dazu
angetan sind das Leben der Helden zu erleichtern, sorgt das Spielelement Ruhm
für deutlich mehr Druck. Im Basispiel mussten die Helden stets die Burg im
Blick haben. Wurde diese von zu vielen Monstern erreicht war das Spiel
verloren. Der Norden dagegen kommt ohne solch ein befestigtes Bauwerk aus. Im
Gegenzug hat sich der Ruhm der Helden herumgesprochen und wir haben durchaus
einen Ruf zu verteidigen. Monster die am Ende eines Tages durch die Lande
streifen gehen zu dessen Lasten und resultieren in Punktabzug auf der
Ruhmesleiste. Erreicht diese den Wert Null haben wir verloren. Zusätzlicher
Ruhm lässt sich recht einfach durch das Besiegen von Monstern gewinnen,
allerdings müssen wir dazu auf Gold oder Willenskraft verzichten. Eine weitere,
spannende Zwickmühle. Glücklicherweise lässt uns der Erzähler aber im Norden
etwas mehr Zeit und schreitet nur bei jedem zweiten besiegten Monster voran.
Das Spiel wird dadurch spürbar kampflastiger.
Fazit
Bevor ich meinen Fuß in den Norden Andors
gesetzt habe war ich durchaus skeptisch. Im Nachhinein kann ich aber sagen:
Auch die Erweiterung spielt sich ähnlich fesselnd wie die Vorgänger. Dabei
bieten die Legenden im Norden sogar deutlich mehr Abwechslung und Variation,
die zu treffenden Entscheidungen sind fordernder und wirken sich spürbar auf
den Spielverlauf aus. Selbst innerhalb einzelner Legenden wurde für Variation
gesorgt, was den Wiederspielwert deutlich anhebt.
Das Alles kommt aber durchaus auch zu einem
Preis. Denn die Reise in den Norden spielt sich beileibe nicht mehr so flott
und simpel wie man diese aus dem Basisspiel gewohnt war. Inzwischen gibt es
eine solche Fülle an Regeln, dass man selbst als erfahrener Spieler des Öfteren
gezwungen wird einzelne Teile nachzuschlagen. Verschärft wird dies durch das
Fehlen eines umfassenden Regelbuches. Gerade der Einstieg gestaltet sich schwierig.
In unserer ersten Partie musste ich mich zuerst einmal durch einen Stapel
Legendenkarten des Basisspiels wühlen, um offene Fragen zu klären. Hier hätte
eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Regeln wirklich geholfen.
Trotz dieser Startschwierigkeiten stellt Die
Reise in den Norden einen würdigen Nachfolger für Andor dar. Michael Menzel hat
hier sehr Vieles richtig gemacht und zumindest ich freue mich bereits darauf zu
erfahren, wie die Geschichte weiter geht.
Ihr wollt Andor lieber mit 5 oder 6 Spielern erkunden? HIER findet ihr eine Beschreibung der passenden Erweiterung. Oder vermisst ihr den Zwerg im hohen Norden? Dann schaut euch doch mal die Rezension zu Die Zwerge an.
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