Freitag, 6. März 2015

Die Legenden von Andor - Die Reise in den Norden

An Lande und zu Wasser
Die Legenden von Andor habe ich in den Wochen und Monaten nach seinem Erscheinen (wie HIER nachzulesen) sehr gerne und häufig gespielt. Durch die starke Fokussierung auf eine packende Story wusste das Spiel schnell zu begeistern. Aus dem gleichen Grund verlor es nach einmaligem Durchspielen aber an Reiz und geriet schon fast in Vergessenheit. Entsprechend war ich mir auch keineswegs sicher, ob mich die neue Erweiterung noch einmal packen würde. Andor war in meinen Gedanken eigentlich schon gerettet und abgehakt. Tja, so kann man sich irren.

Die Reise in den Norden (Michael Menzel / Kosmos) knüpft mehr oder weniger genau da an, wo uns die vorherigen Abenteuer zurückgelassen haben. Dabei bietet das Spiel viel Altbewährtes, gleichzeitig aber auch reichlich neue Ideen.


 
Der Start
Für die ersten Schritte in den kalten Norden benötigen die Helden dabei, in der Theorie, so gut wie keine Regellektüre. Die beiliegenden Legendenkarten beschreiben vielmehr fast alle benötigten Regeln im Spielverlauf und erwähnen sogar, welches Material aus dem Basisspiel entnommen werden muss. Gänzlich ohne Anleitung kommt man aber doch nicht aus, zu viele neue Marker, Monster, Gegenstände und Ähnliches wollen auf dem Plan platziert, erkundet und bekämpft werden. Hier muss durchaus des Öfteren das Beiblatt bemüht werden. Oder wisst ihr, was genau ein Nerax ist? Ist der Start aber erst einmal geglückt, zieht uns der Norden schnell in seinen Bann und wartet mit diversen frischen Ideen auf.

Was ist Neu?
Die Reise in den Norden bietet durchaus einiges an neuen Elementen und spannenden Geschichten. Allerdings machen diese einen wesentlichen Reiz der Spielerfahrung aus, so dass ich mich im Folgenden nur auf diejenigen Elemente beschränken werde, die bereits vor Spielbeginn ersichtlich sind.

Am auffälligsten ist mit Sicherheit das Schiff. Einerseits befährt es als schicke Holzfigur den neuen Spielplan, andererseits ist es als Papptableau bereit von uns ausgebaut zu werden. Das Spannende dabei: Das Schiff ermöglicht allen Helden ein gemeinsames Vorankommen. Ein einzelner Spieler wendet Zeit auf, der Rest (sofern er nicht über Bord springen will) fährt kostenlos mit. Dabei spielt die aktuelle Wetterlage eine nicht unwesentliche Rolle und bestimmt die Geschwindigkeit. Obendrein kann vom Schiff aus auch gekämpft werden, Ausbauten ermöglichen sogar ein deutliches Anheben der Kampfkraft. All das kostet aber natürlich wieder Gold, das an anderer Stelle fehlt. Eine reizvolle Zwangslage.

Damit das Schiff auch von fähigen Händen gesteuert wird, liegt dem Spiel der Seekrieger bei, der den Zwerg aus dem Basispiel ersetzt. Eine geschichtliche Begründung für dessen Fernbleiben bietet die Bonuslegende “Der Kampf um Cavern“. Dass die Fähigkeit des Zwerges auf dem Nordspielplan nicht eingesetzt werden kann, dürfte aber auch eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben.

Während das Schiff und der Seekrieger dazu angetan sind das Leben der Helden zu erleichtern, sorgt das Spielelement Ruhm für deutlich mehr Druck. Im Basispiel mussten die Helden stets die Burg im Blick haben. Wurde diese von zu vielen Monstern erreicht war das Spiel verloren. Der Norden dagegen kommt ohne solch ein befestigtes Bauwerk aus. Im Gegenzug hat sich der Ruhm der Helden herumgesprochen und wir haben durchaus einen Ruf zu verteidigen. Monster die am Ende eines Tages durch die Lande streifen gehen zu dessen Lasten und resultieren in Punktabzug auf der Ruhmesleiste. Erreicht diese den Wert Null haben wir verloren. Zusätzlicher Ruhm lässt sich recht einfach durch das Besiegen von Monstern gewinnen, allerdings müssen wir dazu auf Gold oder Willenskraft verzichten. Eine weitere, spannende Zwickmühle. Glücklicherweise lässt uns der Erzähler aber im Norden etwas mehr Zeit und schreitet nur bei jedem zweiten besiegten Monster voran. Das Spiel wird dadurch spürbar kampflastiger.



Fazit
Bevor ich meinen Fuß in den Norden Andors gesetzt habe war ich durchaus skeptisch. Im Nachhinein kann ich aber sagen: Auch die Erweiterung spielt sich ähnlich fesselnd wie die Vorgänger. Dabei bieten die Legenden im Norden sogar deutlich mehr Abwechslung und Variation, die zu treffenden Entscheidungen sind fordernder und wirken sich spürbar auf den Spielverlauf aus. Selbst innerhalb einzelner Legenden wurde für Variation gesorgt, was den Wiederspielwert deutlich anhebt.

Das Alles kommt aber durchaus auch zu einem Preis. Denn die Reise in den Norden spielt sich beileibe nicht mehr so flott und simpel wie man diese aus dem Basisspiel gewohnt war. Inzwischen gibt es eine solche Fülle an Regeln, dass man selbst als erfahrener Spieler des Öfteren gezwungen wird einzelne Teile nachzuschlagen. Verschärft wird dies durch das Fehlen eines umfassenden Regelbuches. Gerade der Einstieg gestaltet sich schwierig. In unserer ersten Partie musste ich mich zuerst einmal durch einen Stapel Legendenkarten des Basisspiels wühlen, um offene Fragen zu klären. Hier hätte eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Regeln wirklich geholfen.

Trotz dieser Startschwierigkeiten stellt Die Reise in den Norden einen würdigen Nachfolger für Andor dar. Michael Menzel hat hier sehr Vieles richtig gemacht und zumindest ich freue mich bereits darauf zu erfahren, wie die Geschichte weiter geht.

Ihr wollt Andor lieber mit 5 oder 6 Spielern erkunden? HIER findet ihr eine Beschreibung der passenden Erweiterung. Oder vermisst ihr den Zwerg im hohen Norden? Dann schaut euch doch mal die Rezension zu Die Zwerge an.


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