Samstag, 8. Februar 2014

Der Millionen Coup



Bankraub - (K)ein Kinderspiel?
Wir Spieler sind ja ein ganz schön gewalttätiges Völkchen. Wir erobern Landstriche oder gleich ganze Welten, zerstören Städte und verspeisen genüsslich deren Einwohner oder metzeln uns durch ganze Horden von Untoten / Aliens / Monstern. Aber auch wir haben Grenzen. Einen echten und voll realistischen Bankraub simulieren? Nein, irgendwo hört der Spaß auf. Ähnliches muss sich wohl auch Ravensburger gedacht haben und sorgt für unser aller Seelenfrieden indem bei „Der Millionen Coup“ (Matthias Cramer) nicht etwa eine Bank leergeräumt, sondern vielmehr deren Sicherheitsvorkehrungen geprüft werden.


Zwei bis vier Spieler und ein tiptoi-Stift  knacken dafür Schlösser, legen Alarmanlage lahm und umgehen den Wächter um am Ende den Tresor zu knacken und das darin befindliche Gold kurz zu beschnuppern. Der Bankdirektor wird uns sicher eine ordentliche Prämie für das aufdecken seiner laschen Sicherheitsvorkehrungen zahlen.  

tiptoi
Der Millionen Coup ist ein tiptoi-Spiel und benötigt als solches den (nicht beiliegenden) Stift. Dieser übernimmt im vorliegenden Fall einerseits einige organisatorische Aufgaben, erklärt darüber hinaus aber auch die Regeln. Als vorherrschende Aufgabe misst der Stift aber die Zeit die für verschiedenste Aktionen benötigt werden. Dabei kann es sich einerseits um die Bewegung des Wächters, andererseits aber auch um unsere Aktionen handeln. Bewegen wir uns etwa in einen neuen Raum, zeigen wir dies dem Stift mit klicken auf den aktiven Charakter, das Symbol für laufen und den Zielraum an. Haben wir das Ziel erreicht, macht uns der Stift darauf aufmerksam und wir können eine neue Aktion starten. So bewegen sich alle Spieler in Echtzeit durch die Bank und können gleichzeitig an verschiedenen Punkten agieren.

Phase 1: Lernen und Ausspähen
Vor den Einbruch hat Ravensburger allerdings in diesem Falle die Lern- und Spähphase gestellt. In dieser lernen die Charaktere Fähigkeiten die sie für den Einbruch als nützlich erachten. Klettern und Schleichen sind dabei ebenso vertreten wie das Knacken des Tresors oder das Ausschalten von Alarmanlagen. Neben dem Lernen sammeln die Spieler wichtige Informationen über das Alarmsystem der Bank. Diese Reichen von den Positionen der Schlösser über die Route des Wächters bis hin zu den Schaltkonsolen der Alarmanlagen. Wie schon das Erlernen kostet auch das Ausspähen der Bank Zeit. Und Zeit ist bei unserem Einbruch knapp und streng geregelt. Jede Minute die wir in der Vorbereitung verbrauchen fehlt uns später für den eigentlichen Coup. Diesen können wir, sobald wir uns ausreichend vorbereitet fühlen, jederzeit beginnen.

Phase 2: Schleichen und Knacken
Nun beginnt das eigentliche Spiel. Alle Spieler starten (zumeist) vor der Bank und wenden nun ihre frisch erlernten Fähigkeiten an. Während Spieler 1 etwa das Schloss knackt rennt Spieler 2 auf die Damentoilette um die dort positionierte Alarmanlage (ja, ernsthaft) zu deaktivieren. Gleichzeitig schleicht sich Spieler 3 am patrouillierenden Wächter vorbei, muss dann aber mit dem Einsammeln des Hinweises warten bis Spieler 2 den Alarm deaktiviert hat.  Spieler 4 hat das Spiel derweil (aufgrund einer in jedem Spiel zufälligen Plan-Karte) auf dem Dach begonnen und klettert nun durchs Fenster um einem Hinweis bezüglich des Tresor-Codes nachzugehen. All dies geschieht in Echtzeit und unter Zeitdruck, Pannen, Panik und Paranoia sind vorprogrammiert. Umso erfreulicher allerdings wenn alle Spieler innerhalb des Zeitlimits den Tresor erreichen. Denn nur dann ist das Spiel gewonnen.


Fazit
Bislang gehörte tiptoi für mich ganz klar in den Bereich der Kinderspiele und Bücher. Entsprechend groß waren die Vorbehalte es hier wirklich mit einem Spiel für Erwachsene zu tun zu haben. Der orangene Stift, die kurzen Spielregeln und die ständigen Erklärungen des Sprechers haben im ersten Moment wenig dazu beigetragen, diese Grundeinstellung zu überdenken. Bis zur ersten Partie. Und diese begann bereits sehr fesselnd: In Phase 1 wurde die Bank analysiert und das gemeinsame Vorgehen geplant, in Phase 2 direkt dem Wächter in die Arme gelaufen. Hmmm… das muss doch besser gehen. Also gleich noch mal ran… und diesmal mit Erfolg. In Der Millionen Coup muss man sich zuerst etwas hineindenken, die Abläufe müssen klar werden. Dann aber macht ein Bankraub (selbst ein simulierter) richtig viel Spaß. Fast die ganze Mission über ist der Adrenalinpegel hoch, auch wer gerade Wartezeit hat fiebert bei den Mitspielern oder beschwert sich über deren lahmes vorgehen. Von Kinderspiel keine Spur mehr. Vielmehr ein sehr gelungenes, kooperatives Spiel mit schnellem Einstieg und unverbrauchten Ideen.

Leider kommt aber auch der Millionen Coup nicht ohne kleine Kritikpunkte aus. So unterscheiden sich die 3 Schwierigkeitsgrade ausschließlich in der verfügbaren Zeit, eine Anpassung an die Spielerzahl gibt es nicht. Entsprechend ist das Spiel zu zweit ungleich schwerer, zu viert sehr leicht. Darüber hinaus kann Phase 1 nach einiger Zeit zur Routine verkommen, im Prinzip lernt man (mit kleinen Variationen) doch immer die gleichen Fähigkeiten. Hier wäre eine Art Schnellstartfunktion nützlich gewesen.

Trotzdem freue ich mich bereits jetzt auf die nächsten „Erwachsenenspiele“ der tiptoi-Familie. Der Millionen Coup hat bereits eindrucksvoll gezeigt, was mit der Technik möglich ist.

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