Montag, 9. Mai 2016

Kerala



Abstrakte Spiele haben es im Handel zumeist schwer. So ganz ohne Thema gestaltet sich die Vermarktung alles andere als einfach und auch optisch wirken abstrakte Spiele für den Massenmarkt häufig wenig ansprechend. Das wissen wohl auch die Jungs und Mädels von Kosmos. Also auf ein eigentlich abstraktes Spiel mal eben eine Hintergrundgeschichte voller geschmückter Elefanten, einen bunten Platz und ein Festival in Indien drauf gepinselt und heraus kommt Kerala (Kirsten Hiese). Damit ist das Spiel zwar irgendwie auch nicht weniger abstrakt, sieht aber schon mal klasse aus.

Dabei ist Kerala eigentlich ein klassisches Plättchen-Legespiel bei dem wir einfach nur versuchen, möglichst große Flächen verschiedener Farben zu bilden. Wenn diese doofen Elefanten nur nicht immer gerade am falschen Fleck stehen würden.


Der Festplatz wächst
Obwohl jeder von uns am Ende einen Festplatz mit möglichst allen Farben vor sich liegen haben sollte, starten wir doch jeweils mit gerade einmal einem Plättchen und darauf zwei farblich passenden Holzelefanten. Um dieser tristen Umgebung etwas Farbe hinzuzufügen, werden jede Runde so viele Plättchen aus einem Beutel gezogen, wie Mitspieler teilnehmen. Nun schnappt sich nacheinander jeder eines davon und baut es an den eigenen Festplatz an. Dabei gibt es eigentlich nur zwei Regeln zu beachten. Einerseits muss das neue Plättchen mit einer Seite an ein bereits liegendes angelegt werden. Die Farbe spielt dabei keine Rolle. Zweitens muss im Anschluss einer der beiden Elefanten auf das Plättchen laufen. Da diese allerdings nur genau ein Feld laufen können, sind die Möglichkeiten bereits nach einigen Runden stark limitiert. Netterweise dürfen wir dabei auch auf bereits liegende Plättchen legen und damit frühere Fehler wieder gut machen. Wenn dagegen mal überhaupt nichts passt, können wir auch zweimal im Spiel passen und einfach gar nichts nehmen. 


Fliegende Elefanten und springende Plättchen
Natürlich unterscheiden sich die Plättchen nicht nur in ihren Farben, wovon es immerhin fünf verschiedene gibt. Das wäre ja auch langweilig. Viel spannender ist doch, was auf den Plättchen zu sehen ist. Und in den meisten Fällen sind das ein bis drei Elefanten, die erst in der Endabrechnung eine Rolle spielen. Gleiches gilt für den farbigen Bogen. Spielerisch interessant sind dagegen die Sonderplättchen, die beim Betreten das Verschieben eines Plättchens oder eines Elefanten zu einem beliebigen anderen Ort erlauben. Gerade gegen Ende werden diese Plättchen zunehmend begehrter.

Der schönste Platz
Apropos Ende. Sobald der Beutel mit den Plättchen leer ist, kommt es zur Abrechnung. Und jetzt wird unser Platz erst einmal kritisch beäugt. Denn von jeder Farbe darf es nur ein zusammenhängendes Gebiet geben. Alles darüber hinaus wird abgeräumt und bringt obendrein Minuspunkte. Das passiert übrigens auch, wenn wir eine Farbe gar nicht verbaut haben. Positiv zu Buche schlagen dagegen alle sichtbaren Elefantensymbole auf den Plättchen sowie ein farblich passend angelegter Farbbogen. Kurz alles zusammenaddiert, auf dem beiliegenden Block notiert und der Sieger steht fest.


Fazit
Wie bereits erwähnt ist Kerale im Kern eigentlich ein recht abstraktes Spiel. Das schlägt sich auch in den strukturierten und einfachen Regeln nieder, die bereits nach wenigen Minuten verinnerlicht sind. Auch der Spielverlauf selbst ist flott, die eigenen Möglichkeiten häufig begrenzt und das beste Plättchen offensichtlich. Entsprechend gibt es auch kaum Wartezeiten, einzig in Vollbesetzung kann es ab und an mal etwas länger dauern. Dabei muss man allerdings durchaus mit einer gehörigen Portion Glück rechnen. Wenn die Plättchen schlecht nachgezogen werden, sind die Siegchancen einfach minimal.

Und dennoch ist Kerala dann doch nicht ganz so simpel wie es auf den ersten Blick scheint. Denn wer um den Sieg mitspielen will, der sollte schon ein oder zwei Gedanken auf die Platzierung der Plättchen verschwenden. So ist es etwa wichtig, sich stets viele Möglichkeiten offen zu halten. Wer seine Elefanten so platziert, dass er möglichst viele Farben passend legen kann, der kommt deutlich seltener in Schwierigkeiten. An dieser Stelle kommt es übrigens auch zu etwa Interaktion, die Mitspieler lassen sich durch geschickte Plättchenwahl durchaus unter Druck setzen. Dennoch ist Kerala in weiten Teilen solitär, meist wird einfach das für sich selbst vorteilhafteste Plättchen gewählt.

Unter anderem deshalb konnte mich das Spiel auch nicht wirklich fesseln. Stets hatte ich das Gefühl, der eigene Zug wäre mehr oder weniger klar vorgegeben. Etwas ausprobieren, verschiedene Vorgehensweisen testen oder auch nur den Mitspieler verstärkt ärgern… all das fehlt in Kerala weitestgehend. Im Endeffekt nehme ich jede Runde das lukrativste Plättchen, baue es passend an und weiter geht’s. Dennoch will ich an dieser Stelle keinesfalls unerwähnt lassen, dass vielen meiner Mitspieler genau das sehr gut gefallen hat. Auch wenn Kerala wohl nicht wirklich meinen Spielegeschmack trifft, wird es von meinen Mitspielern doch immer wieder herausgekramt. Und für eine lockere Runde zwischendurch, ganz ohne weitschweifende Strategien oder komplexe Vorgehensweisen, ist es dann eben doch gut geeignet.



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