Mittwoch, 29. Juli 2015

Die Alchemisten



Nicht alles was glänzt ist Gold
Bereits vor vielen Jahrhunderten beschäftigten sich Gelehrte weltweit mit der Herstellung und Umwandlung der Elemente, stets auf der Suche nach Ruhm und Reichtum. Und schon damals gab es Neid und Missgunst unter den Vertretern dieser wissenschaftlichen Disziplin, konnten doch nur die erfolgreichsten Forscher mit freigiebigen Gönnern rechnen. Und so verwundert es kaum, dass die öffentliche Wahrnehmung häufig wichtiger war als die erbrachte Leistung. Auch in „Die Alchimisten“ (Matús Kotry) vom Heidelberger Spieleverlag ist nicht immer alles Gold was glänzt.

Als angehende Meister ist es unsere Aufgabe, die Eigenschaften verschiedener Zutaten und deren Wirkung miteinander zu entschlüsseln. Dabei helfen uns Artefakte, freigiebige Kunden und natürlich die enthaltene App.


Das Prestige
Um als erfolgreichster Alchemist in die Geschichte einzugehen (und damit auch das Spiel zu gewinnen), verlangt es uns in erster Linie nach Prestige aus den Reihen unserer Kollegen. Was genau bedeutet das? Nun, das meiste Prestige bekommen wir, indem wir die genaue Beschaffenheit verschiedener Zutaten (Krähenfedern, Kröten,…) entschlüsseln und die Ergebnisse veröffentlichen. Ob wir bei einer Publikation aber tatsächlich wissen was wir tun oder genau dies einfach nur behaupten, das ist gänzlich uns überlassen. 


Der Aktionsmechanismus
Wie genau geht das aber nun von statten. Nun, den Kern von „Die Alchemisten“ bildet ein klassisches Worker-Placement Spiel. Jede Runde stehen uns mehrere Aktionspunkte zur Verfügung, die wir nach Belieben auf dem Spielbrett verteilen. Auf diesem Wege können wir etwa neue Zutaten sammeln, Geld kassieren oder dieses für hilfreiche und punkteträchtige Artefakte ausgeben. Richtig spannend ist aber natürlich das Brauen von Tränken. Denn aus jeweils 2 beliebigen Zutaten ergeben sich verschiedenste Mittelchen, vom Heilelixier bis zum Lähmungsgift. Welche Zutaten welche Mischung ergeben, das herauszufinden stellt den Hauptteil des Spiels dar. Und dabei ist es erst einmal egal, ob wir selbst einen Trank schlucken um etwas über dessen Zusammensetzung zu erfahren, oder ob wir einen Studenten als Versuchskaninchen missbrauchen. Stets findet die App hier Verwendung und klärt uns über das Ergebnis auf.

Deduktion per App
Kommen wir nun also zum innewohnenden Deduktionsmechanismus. Immer wenn wir zwei Zutaten mischen (ob im Test mit den Studenten oder beim Verkauf an Helden), lesen wir diese in die App ein und erhalten das Ergebnis. Im Detail bedeutet dies, dass jede Zutat aus 3 Elementen (rot, grün, blau) jeweils mit positiver oder negativer Ladung besteht. Jedes Element kann dazu groß oder klein sein. Kombinieren wir 2 Zutaten, die Elemente mit gleicher Ladung unterschiedlicher Größe haben, erhalten wir einen Trank. Logisches Denken ist an dieser Stelle essentiell, sollten wir doch im Spielverlauf möglichst viel Wissen ansammeln. Habe ich etwa erfahren, dass zwei Zutaten einen Heiltrank ergeben, müssen beide Zutaten zwingend ein rotes Plus enthalten. Bleibt noch, die Ladungen für das grüne und blaue Element herauszufinden.


Publikationen
So, zum Abschluss noch einmal kurz zurück zu den Aktionen. Neben den bereits Oben genannten Möglichkeiten können wir auch Theorien publizieren. Dabei geben wir die genaue Zusammenstellung einer Zutat an und werden dafür mit Fördergeldern und Prestige belohnt. Ob unsere Angabe auch der Realität entspricht ist so lange ohne Bedeutung, wie kein anderer Spieler unsere Theorie anzweifelt oder diese am Spielende kontrolliert wird. Genau dann offenbart sich auch, wer wirklich Ahnung hatte und wer nur gut bluffen konnte.

Fazit
Spiele mit App genießen aktuell steigende Beliebtheit. Dabei ist allerdings von entscheidender Bedeutung, dass die App auch sinnvoll implementiert ist. Und das kann hier getrost bejaht werden. Denn obwohl eine analoge Variante enthalten ist (mit einem unbeteiligten Moderator), ist das Spiel mit Smartphone tatsächlich sehr viel angenehmer und funktioniert einwandfrei. Obwohl ich anfänglich eher skeptisch war, gibt es diesbezüglich also keinerlei Kritikpunkte. Auch die Mischung aus Deduktion und Worker-Placement funktioniert, beide Elemente wurden gelungen verzahnt. Persönlich spricht mich auch das Thema an. Die satirische Umsetzung mit der wissenschaftlichen Arbeit ist gelungen, bereits bei der Anleitung kam ich aus dem Grinsen kaum heraus.

Dennoch konnte mich „Die Alchemisten“ nicht restlos überzeugen, was an 2 Punkten liegt. Zum einen wäre da der nicht unerhebliche Glücksanteil. Ob die erhaltenen Informationen beim Mischen von Tränken hilfreich sind oder nicht, ist reiner Zufall. Wer hier anfänglich Pech hat und keine hilfreichen Daten bekommt, kann schnell unverschuldet aus dem Spiel sein. Dies stellt insbesondere durch die lange Spielzeit ein Problem dar. Auch der Einstieg ist nicht unbedingt positiv zu erwähnen. Ich habe mehr als eine Gruppe erlebt, die mit den Deduktionselementen nicht zurechtkam. Und wenn ein Spieler nach mehr als 2 Stunden bemerkt, dass er etwas falsch geschlussfolgert hat, dann ist der Spielspaß schnell passe.

Warum bewerte ich „Die Alchemisten“ dennoch positiv? Nun, persönlich macht mir die Mischung einfach Spaß. Sind die Regeln erst einmal verstanden und keine Grübler am Tisch, ist das Spiel durchaus in angenehmer Zeit zu bewältigen. Die über Theorien zu erhaltenen Punkte halten das Spiel obendrein lange spannend, häufig entscheidet sich der Sieger erst in der Endwertung. Auch die multiplen Pfade das Spiel zu bestreiten gefallen. In der Summe also ein durchaus positives Spielerlebnis, das die Chance auf mehr allerdings knapp verpasst. 

Eine gelungene Verwendung einer App in Brettspielen findet ihr übrigens auch bei XCOM hier.


2 Kommentare:

  1. Toller Blog! Da werden wir uns wieder mal schlau machen. Bis jetzt haben uns Spiele mit Apps nicht so überzeugt. Aber scheinbar ist das hier gut gelöst worden. Deine Artikel sind wirklich sehr gelungen, vor allem dank dem Bildmaterial! Wir wissen wie aufwändig solche Dinge sind...

    Gruss aus der Schweiz
    Puzzlepoint Team

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  2. Vielen Dank, Komplimente höre ich doch immer gerne :)
    Ein Blick auf "Die Alchemisten" lohnt sich definitiv, wobei ich die Einbindung der App bei XCOM noch gelungener finde.
    Ich war da auch sehr lange skeptisch. Beide Spiele zeigen aber, dass hier noch sehr viel zu erwarten ist.

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