Freitag, 16. April 2021

Kurz gefasst 1.21

Um Emotionen zu wecken benötigt es üblicherweise weder komplexe Regeln noch einen Berg von Spielmaterial. Vielmehr sind es häufig die kleinen Spiele, die am Tisch für reichlich Gelächter sorgen. In diese Kategorie fällt Lok’n Roll, bei dem die Grenze zwischen Erfolg und Strafkarte kaum eine Bahnschwelle breit ist. Bei Piratz trotzen wir den Piratten ihre Schätze ab, wer aber zu viel riskiert muss mit einem Trostpreis vorliebnehmen. Und Taco Katze Ziege Käse Pizza (ja, das Spiel heißt wirklich so) fordert unsere Reaktion und unsere schnelle Auffassungsgabe heraus.  
 
 
 
 
 
 
Lok’n Roll (Michiel de Wit / Boardgame Circus)
 
Eigentlich sollte man meinen, dass eine Lok wartet, bis der vor ihr liegende Streckenabschnitt fertig gebaut ist. Tja, falsch gedacht. Denn die Lock Emma ist schon in voller Fahrt, während wir immer weitere Gleiskarten vor ihr ausspielen. Einerseits wächst dadurch die Strecke, andererseits geben die Nummern auf der Karte an, wie viele Würfel für Emmas Bewegung geworfen werden. Fährt sie zu weit, bekommen wir Strafkarten. Sind wir zu vorsichtig, werden übrige Handkarten am Ende ebenfalls bestraft. Glücklicherweise können wir unterwegs gesammelte Strafen aber wieder loswerden, indem wir identische Werte aufeinanderlegen. Und urplötzlich will man dann doch mit Emma über die Strecke hinausschießen… und würfelt nur Leerseiten. Argl.
 
Lok’n Roll verleitet zum Zocken. Da glaubt man einen perfekten Plan zu haben, die Würfel sind aber anderer Meinung. Oder die Mitspieler navigieren die Lock bis an den Abgrund und wir können vor Frust nur noch in die Tischkante beißen. Das sorgt für Emotionen, das sorgt für Frust und Schadenfreude. Und genau davon lebt Lok’n Roll. Zwar gibt es einiges zu Taktieren, am Ende können einzelne Würfelwürfe aber selbst den besten Plan zunichtemachen. Das muss man abkönnen, dann sorgt Lok’n Roll für viel Gelächter. 
 
 
 
Piratz (Oliver Igelhaut / Igel Spiele)
 
Piraten sind raue Gesellen. Und Piratten sind keinen Deut umgänglicher. Und dennoch haben wir uns aufgemacht, ihre Schätze zu klauen. Dazu decken wir abwechselnde eine Karte mit allerlei Schätzen auf und legen diese in die Mitte. Solange nur eine Ratte zu sehen ist, besteht kein Risiko. Wer allerdings eine zweite Ratte aufdeckt, scheidet aus der aktuellen Runde aus und muss mit einer Karte als Trostpreis vorliebnehmen. Um dieses Schicksal zu vermeiden dürfen wir jederzeit aussteigen und alle Karten mit einer Schatzart aus der Mitte nehmen. Ist der Stapel leer, punktet, wer die Mehrheit bei den einzelnen Schätzen hat. Was dabei besonders lukrativ ist, haben wir bereits vorab zufällig bestimmt und führt dazu, dass manche Schätze deutlich beliebter sind als andere.
 
Seinen simplen Regeln zum Trotz entfaltet Piratz bei jeder Partie ein gehöriges Maß an Spannung. Einerseits hofft man mit jeder Karte auf noch ein wenig mehr Beute, muss zwischen dem kleinen garantierten Ertrag und dem möglichen Hauptgewinn abwägen. Zugleich ist die Entscheidung, welche Schatzart man sammelt, alles andere als trivial. Da man auch bei einem Fehlschlag einen kleinen Trostpreis bekommt, hält sich auch der Frust in Grenzen. Und wer sich die eingesammelten Schätze merkt, kann deutlich zielgerichteter vorgehen. So oder so bleibt eine Partie Piratz aber bis zum Ende spannend. 
 
 
 
Taco Katze Ziege Käse Pizza (Dave Campbell / Blue Orange)
 
Ein Reaktionsspiel mit Karten? Kennt man. Und tatsächlich fühlt sich bei TKZKP alles recht bekannt an. Jeder bekommt einen verdeckten Kartenstapel, von dem reihum eine Karte offen in die Mitte gelegt wird. Dazu wird, immer schön ein Wort nach dem anderen, der Titel des Spiels rezitiert. Also: Karte aufdecken „Taco“. Nächster Spiele, nächste Karte „Katze“. Und immer so weiter, bis Wort und Karte übereinstimmen und auf den Kartenstapel geschlagen wird. Der langsamst bekommt alle Karten, wer keine mehr hat (und noch einmal schnell genug ist), gewinnt. Aufgelockert wird das ganze von drei Sonderkarten. Wer sich beim Gorilla zuletzt auf die Brust schlägt nimmt alle Karten, ebenso wer beim Narwal zuletzt ein Horn formt.
 
TKZKP kann Spaß machen, keine Frage. Diese Art hektischer Gedankenakrobatik sorgt fast immer für Gelächter, das ist hier nicht anders. Allerdings ist leider auch sonst nicht viel anders. Denn vergleichbare Spiele gibt es reichlich und TKZKP sticht für mich nicht aus der Masse heraus. Es hat die bekannten Schwächen, etwa dass es sich bei gleich starken Spielern ewig in die Länge ziehen kann. Dazu kommt noch der überraschen holprige Einstieg. Die irritierende Wortfolge bremst den Start fast immer aus. Ein flottes Spiel entwickelt sich erst, wenn wirklich alle die Reihe verinnerlicht haben und nicht mehr auf die Kartenrückseite starren müssen, um das richtige Wort zu finden.
 

 

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