Mittwoch, 26. Juni 2019

Villainous


Wer kennt sie nicht. All die liebenswerten Disney-Helden von Peter Pan bis Aladin. Seit vielen Jahrzehnten sind die Zeichentrickfilme aus dem Kino kaum wegzudenken, als Kind der 80er und 90er Jahre kam man daran nicht vorbei. Und auch heute grinse ich noch, wenn ich Robin Hood als Fuchs über den Bildschirm huschen sehe. Und doch wären die Filme nur halb so sehenswert ohne die Antagonisten. All jene Bösewichte, die den edlen Recken das Leben so schwer gemacht haben. Und genau in deren Rolle dürfen wir nun bei Villainous (Prospero Hall / Ravensburger) schlüpfen.






Bunte Bösewichte
Ursula, Maleficent oder die Herzkönigin… insgesamt 6 Bösewichte stehen in Villainous zur Wahl. Deren Aufgabe und damit das Spielziel ist stets unterschiedlich. Captain Hook will Peter Pan erledigen, Dschafar sucht die Wunderlampe und Prinz John will einfach nur schnöden Mammon bunkern. Dafür steht jedem Bösewicht ein individuelles Kartendeck zur Verfügung, was zu sehr unterschiedlichen Spielgefühlen führt. So bekommt Hook Unterstützung durch seine Piraten, Maleficent sammelt dagegen Flüche. Karten bekommen wir automatisch, das Ausspielen will aber mit Macht bezahlt werden. Und die ist knapp. Häufig muss man also genau abwägen, welche Hilfe man benötigt.


Veritable Variation
Obwohl all das viel Variation bietet, ist der grundlegende Ablauf immer identisch. Jeder Bösewicht hat sein eigenes Spielbrett, auf dem er hin und her wandert und je nach gewähltem Feld Aktionen ausführt. Zumeist wird damit Macht gesammelt, Karten ausgespielt, Handlanger bewegt oder Helden bekämpft. Da sich im Deck wichtige Zielkarten verstecken, freuen wir uns über jede Karte. Anders sieht es beim Schicksalsdeck aus. Und damit wären wir auch bei der nächsten Aktion. Denn mit dieser ziehen wir 2 Schicksalskarten beim Gegner und werfen ihm damit Steine in den Weg.

Heuchlerische Helden
Über die Schicksalskarten bekommt es Hook mit den verlorenen Jungs zu tun, Prinz John mit Robin Hood und seinen Schergen. Abgesehen von fiesen Sonderefekten nerven die „Guten“ vor allem, indem sie unsere Aktionsfelder teilweise blockieren und damit schwächen. Also schnell ein paar Handlanger hinschicken und diese Nervbacken loswerden. Auch hier unterscheiden sich die Bösewichte merklich. Manch einer kann nicht kämpfen, ein anderer schickt die Widersacher ins Gefängnis und wieder andere benötigen bestimmte Gegner um zu gewinnen. So oder so gilt: Das Ziel sollte stets im Auge behalten werden. Und das der Mitspieler am besten auch gleich noch.


Fazit
Villainous begeistert bereits mit dem Öffnen der Box, die Grafiken ziehen uns sofort in die Welt von Arielle, Aladin und Co. Die ersten Minuten ist man eigentlich nur damit beschäftigt, sich all die wundervollen Bilder anzuschauen und in Erinnerungen zu schwelgen. Auch spielerisch hat das Thema seinen Reiz und ist sehr detailgetreu umgesetzt. Es fühlt sich einfach toll an, mit der Herzkönigin Cricket zu spielen oder Fabius und Sebastian endlich mal zu zeigen, wo der Haken hängt. Dass dabei jeder Charakter unterschiedlich gespielt wird, verspricht zudem Abwechslung. Und so stürzt man sich schnell und voller Begeisterung in die erste Partie.

Und wird dann leider recht schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Denn auch wenn all die Nostalgie in den ersten Partien über die Probleme hinwegtäuscht, gibt es deren doch leider zu viele. Das beginnt schon damit, dass das Spiel selbst für erfahrene Spieler kaum zu überblicken ist. Schon die eigenen Sonderregeln, Karten und Funktionen während des Spiels im Blick zu behalten ist alles andere als einfach, für ein erfolgreiches Spiel ist aber auch der Blick zu den Mitspielern unerlässlich. Das ist doppelt schade, da das Thema gerade auch unerfahrene Spieler anspricht. Die sind hier aber komplett überfordert. Entsprechend artet auch die Spielzeit gerne mal aus, in Vollbesetzung sind da locker über zwei Stunden drin. Verschärft wird das, da ein Spieler kurz vor dem Sieg von allen Mitspielern Schicksalskarten zugeschoben bekommt und damit häufig wieder von vorne beginnt. Wenn das immer und immer wieder passiert, nervt es irgendwann nur noch.

Auch die Charaktere selbst sind alles andere als ausgeglichen und extrem glücksabhängig. Wenn ich genau eine Karte benötige um zu gewinnen, diese aber ganz unten im Deck ist, dann ist das Spiel bereits vom Start weg quasi verloren. Oder ich werfe Runde um Runde Karten ab, in der Hoffnung, die wichtigen zu ziehen. Spaß macht das nicht. Andererseits habe ich auch schon erlebt, dass eine Partie zu zweit nur wenige Minuten ging, weil die benötigten Karten direkt oben auf dem Deck lagen. Beide Fälle fühlen sich wenig befriedigend an.

Villainous ist für mich ein klassischer Fall von „gut gemeint“. In dieser Form ist es aber leider komplett durchgefallen, allenfalls zu zweit würde ich vielleicht noch eine Partie wagen.


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