Gehört ihr auch zu den
Menschen, die nach dem (viel zu frühen) Aufstehen leicht unleidlich werden? Die
vor dem ersten Kaffee zu nichts zu gebrauchen sind und denen allenfalls mal ein
Grummeln über die Lippen huscht? Macht euch nichts daraus. Es könnte alles viel
schlimmer sein. Denn wenn ein Großer Alter erwacht, wirken eure kleinen Macken
dagegen richtiggehend sympathisch. Leicht unleidlich bedeutet in diesem Fall,
dass ganze Landstriche dem Erdboden gleichgemacht werden. Und statt Kaffee
verschlingt er Seelen gleich dutzendweise. Zumindest sofern sich ihm niemand in
den Weg stellt. Und damit wären wir auch schon bei Arkham Horror 3. Edition (Richard
Launius, Nikki Valens und Kevin Wilson / Asmodee).
Das
Böse erwacht
Einmal mehr ist es unsere
Aufgabe, uns den Großen Alten in den Weg zu stellen. Wie genau das vonstattengeht
variiert aber. Denn vor Beginn einer Mission entscheiden wir uns für ein
Szenario und damit auch für spezifische Aufgaben, einen variabel erstellten
Spielplan und besondere Gegner. Der grundlegende Ablauf bleibt dennoch immer
gleich. Pro Spieler stehen uns in jedem Zug 2 Aktionen zur Verfügung, mit denen
wir über den Plan laufen, Gegner verhauen oder auch sonst alle möglichen Tätigkeiten
ausführen.
Hinweise
sammeln
Einem Element kommt dabei
eine besondere Bedeutung zu: Den Hinweisen. Diese tauchen immer wieder an zufälligen
Orten auf, die wir besuchen sollten, wollen wir den Hinweis in unseren Besitz
bringen. Denn am Ende jeder Runde ziehen die Ermittler Karten passend zu ihren
Orten. Hier warten alle möglichen und unmöglichen Ereignisse auf uns… und
eventuell eben auch Hinweismarker. Die entsprechenden Karten wurden zuvor oben
in das Deck gemischt, ihr Erscheinen ist also halbwegs vorhersehbar.
Proben
über Proben
Ob wir den Marker dann
aber tatsächlich bekommen, das entscheidet noch immer eine Probe. Wie im
Übrigen auch so ziemlich alles andere, vom Kampf übers Zaubern bis hin zum
Verstehen von Hinweisen. Stets würfeln wir so viele Würfel, wie das
entsprechende Attribut angibt. Üblicherweise reicht eine 5 oder 6, damit die
Probe ein Erfolg ist. Möglichkeiten den Wurf zu wiederholen sind nur sehr
begrenzt vorhanden, Fortuna auf eurer Seite zu wissen ist also von Vorteil.
Gerade im Hinblick auf die Hinweismarker. Denn diese benötigen wir in den
meisten Szenarien, um in der Geschichte voranzuschreiten.
Wir
stellen uns mit Allem was wir haben
Während wir so Stück für
Stück in der Mission voranschreiten, sollten wir auch die eigene Entwicklung
nicht vergessen. Denn ein besonders spaßiger Teil von Arkham Horror waren schon
immer die Charaktere. Und deren Bandbreite ist auch hier gelungen. Vom Kämpfer
über den Gelehrten bis hin zum Straßenkind hat jeder eine Rolle zu erfüllen. Diese
lassen sich im Spielverlauf mit besseren Waffen, Zaubern und Verbündeten ausrüsten.
Auch der Charakter selbst kann sich weiterentwickeln, allerdings nur sehr
rudimentär. Über eine Aktion kommt man an Fokusmarker, die ein Attribut
steigern oder einen Würfelneuwurf erlauben. Allerdings ist deren Zahl stark
begrenzt, der Entwicklung sind hier enttäuschend schnell Grenzen gesetzt.
Die
Finsternis greift nach uns
Ganz wehrlos ist aber auch
der Große Alte nicht. Denn sobald jeder Spieler an der Reihe war, agieren die
Monster. Je nach Typ verstecken sich manche in einer Ecke und malträtieren uns
mit fiesen Effekten, andere gehen zum Angriff über. Wer zu schwer verwundet
wird oder dem Wahnsinn anheimfällt ist zwar nicht aus dem Spiel, muss sich aber
einen neuen Charakter nehmen. Auch sonst ist der Große Alte nicht untätig. Am
Ende der Runde werden Mythosmarker gezogen, die neue Monster auf den Plan
spülen, unangenehme Ereignisse auslösen oder Verderben platzieren. All das im
Griff zu halten ist alles andere als einfach. Daran ändern auch die wenigen
positiven Marker nichts, die etwa neue Hinweise versprechen. Gute Teamarbeit
ist unerlässlich, gibt es doch stets viel mehr Brandherde, als wir zu löschen
in der Lage sind.
Fazit
Die dritte Edition von
Arkham Horror macht durchaus einiges richtig. Gerade im Vergleich zum Vorgänger
sind die Regeln deutlich eingängiger und weniger kleinteilig. Das Spiel dauert selten
länger als 3 Stunden und die verschiedenen Charaktere und Szenarien
versprechend Abwechslung. Wie es sich für ein kooperatives Spiel gehört, kommt
man dabei ohne Zusammenarbeit nicht weit. Jeder Charakter hat seine Funktion,
die Rollen sind recht klar verteilt. Die nötigen Absprachen sorgen für
zusätzliche Spannung. Zudem ist das Thema schön umgesetzt. Wer sich in der Welt
von Lovecraft auskennt entdeckt viele bekannte Gesichter und Monster, als
Veteran fühlt man sich sofort heimisch.
Und dennoch hat man stets
das Gefühl, dass Arkham Horror hinter seinen Möglichkeiten bleibt. Zu viel Potential
bleibt ungenutzt, um ein wirklich gutes Spiel zu sein. Das beginnt schon bei
den Szenarien. Diese bieten zwar immer wieder Entscheidungen und stellen uns
vor verschiedene Aufgaben. Am Ende läuft es dann aber eben doch immer auf das Sammeln
von Hinweismarkern und das Vermöbeln von Monstern hinaus. Was nicht selten
bedeutet, dass wir dekorativ an einem Platz herumstehen, bis wir die richtige
Karte ziehen, um den Marker dann vielleicht zu bekommen. Oder auch nicht. Dann
stehen wir weiter.
Auch an anderer Stelle
bietet das Spiel dann eben doch nicht die erhoffte Abwechslung. So wird der
Mythospool zwar aus verschiedenen Markern zusammengestellt, diese sind aber in
jedem Szenario gleich und die Abwicklung nervt irgendwann nur noch. Der Plan
ist variabel, einen spielerischen Einfluss hat das aber selten. Viele
verschiedene Karten gaukeln Abwechslung vor, in der Realität haben wir aber
bereits in der ersten Partie Karten doppelt gezogen. Auch die
Charakterentwicklung ist deutlich weniger spannend als ich es mir erhoffen
würde. Machte diese in den Vorgängern (inklusive Eldritch Horror) einen
besonderen Reiz aus, ist sie hier zumeist recht schnell abgeschlossen. Dann
bleibt nur das Sammeln von Gegenständen, von denen es dann wiederum nur eine begrenzte
Auswahl gibt.
Am Ende bleibt der
Eindruck, dass Arkham Horror (3. Edition) durchaus Potential hat, dieses aber bislang
noch nicht abrufen kann.
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