Sonntag, 5. Mai 2013

Brügge



In 80 Spielen um die Welt 
Burgund, Bora Bora, Venedig, Brügge. Stefan Feld kommt mit seinen Spielen in den letzten Monaten und Jahren weit herum. Der Fokus ruht dabei zumeist auf historischen Handelsstädten, Ausnahmen wie Bora Bora bestätigen die Regel. Auch thematisch bleibt der Autor seiner Linie treu. In seinen Spielen treffen gewohnte Element auf neue Ideen, meist im Zusammenhang mit kreativem Würfeleinsatz. Nachdem Rialto hier die Ausnahme (bezüglich des Würfeleinsatzes) darstellte, wird in Brügge nun wieder aus den Vollen geschöpft. Würfel und eine historische Handelsstadt, was soll dabei eigentlich noch schiefgehen?

Wie gewohnt fungieren die 2 bis 4 Spieler in Brügge (Hans im Glück) als Handelsherren, deren Zielsetzung ein erfolgreicher Stadtausbau ist. Hierzu müssen wir unsere Aktionen den zufälligen Würfelergebnissen anpassen. Anders als etwa in Bora Bora oder Burgen von Burgund sind diesmal allerdings Karten die treibende Kraft und übernehmen zugleich die Rolle als Aktionsgeber, Punktelieferant und Stadtausbau.


Die Qual der Wahl
Jeder Spieler beginnt mit 5 Karten (welche in 5 verschiedenen Farben vorliegen), von denen abwechselnd jeweils 4 gespielt werden. Jede Karte ermöglicht dabei identische Aktionen, einzig deren Stärke wird teilweise von den 5 verschiedenfarbigen und zu Rundebeginn geworfenen Würfeln beeinflusst. Mittels der gespielten Karten lassen sich etwa 2 Gefolgsleute in der Kartenfarbe, oder Geld entsprechend des dazu passenden Würfels generieren. Alternativ wird ein farblich passender Kanalabschnitt gebaut. Dieser benötigt zwar eine Zuzahlung in Form von Gulden, liefert bei Spielende aber Siegpunkte. Gänzlich ohne Finanzspritze, dafür aber unter Abgabe eines Gefolgsmannes, lässt sich in Brügge ein Haus errichten, indem man die gespielte Karte mit der Rückseite nach Oben vor sich auslegt. Diese Wohngelegenheit benötigen wiederum die vielfältigen Einwohner (ebenfalls auf den Karten zu finden) die für einen kleinen Obolus in unsere Dienste treten. Einmal ausgespielt liefern diese Runde für Runde Boni, einmalige Soforteffekte oder mittels Gefolgsmann zu aktivierende Sonderaktionen. Nachdem jeder Spieler seine 4 Aktionen durchgeführt hat, wird die Kartenhand erneut auf 5 Karten ergänzt. Das Spiel endet, sobald einer von zwei Kartenstapeln aufgebraucht wurde. Punkte gibt es dann für Häuser, Personen, Kanalteile und Mehrheitswertungen in verschiedenen Bereichen (etwa Personenzahl und Kanallänge).

Ständige Bedrohung
Im obigen Abschnitt sollte bereits deutlich geworden sein, dass Stefan Feld den Spielern auch in Brügge wieder umfangreiche Möglichkeiten und Optionen zur Verfügung stellt. Wer die Feld’schen Werke allerdings kennt, wird sich über das fehlen des typischen Drucks, der ständigen Gefahr wundern. Diese kommen hier in Form von Bedrohungsmarkern ins Spiel. In Abhängigkeit der geworfenen Würfel erhält dabei jeder Spieler zu Rundenbeginn ebensolche Marker in bis zu 5 verschiedenen Farben. Ein oder Zwei Marker einer Farbe stellen noch kein Problem dar. Sammelt man allerdings den Dritten, sind Pest, Feuer oder Überschwemmung die Folge. Als Resultat verliert man all sein Geld, seine Gefolgsmänner oder auch bereits gebaute Häuser. Um dieser Gefahr zu begegnen, kann man im Rahmen seiner Aktionen auch eine Karte ausspielen, um einen gleichfarbigen Bedrohungsmarker abzuwerfen.


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Brügge sehen und...?
Wie bei so vielen anderen Spielen von Stefan Feld, bietet auch Brügge eine schier überwältigende Menge an Optionen. Von der ersten Sekunde an sollte genau überlegt werden, wie die gesteckten Ziele zu erreichen sind. Gefällt mir etwa eine der Personen auf meiner Hand besonders gut, benötige ich für diese Gulden und ein Haus. Um Gulden zu erhalten benötige ich eine Karte die farblich zu einem hohen Würfelergebnis passt. Für den Hausbau empfiehlt sich dagegen eine unnütze Karte, sofern ich den farblich passenden Gefolgsmann besitze oder erwerben kann. Schnell ist wieder eine Runde vorbei und der eigentlich geplante Kanalbau fiel der knappen Zeit zum Opfer. Auch die Bedrohungsmarker wollen ständig im Blick behalten werden können sie, zur Unzeit ausgelöst, doch wahrlich fatale Folgen haben. Entsprechend stellt Brügge die Spieler ständig vor die Entscheidung, auf welche der interessanten Optionen schlussendlich doch verzichtet werden kann oder muss. Der Einfluss der Mitspieler, die über spezielle Bürger etwa Bedrohungsmarker verteilen oder Geld stehlen können, ist dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Brügge fügt sich damit nahtlos in die bisherigen Feld-Spiele ein. Ständig will man mehr tun als möglich, von der ersten bis zur letzten Sekunde ist der Druck zu spüren. Gleichzeitig ist die Spielzeit nach der einen oder anderen Partie zum Kennenlernen mit circa 60 Minuten angenehm kurz. Die insgesamt 165 verschiedenen Karten (alle individuell von Michael Menzel gezeichnet) liefern dabei, durch ihre umfangreichen Wechselwirkungen, einen sehr hohen Wiederspielwert. Keine Partie entwickelt sich wie die vorherige. Gleichzeitig erhöhen die Karten aber auch den Glücksanteil merklich. Wenn der eigene Plan aufgrund einer fehlenden Kartenfarbe scheitert, ist die Versuchung in die Tischkante zu beißen durchaus erheblich. Nicht selten lässt sich ein solches Ergebnis aber auch auf zuvor eingegangene Risiken und gegebenenfalls Fehler zurückführen, eine geforderte Revanche ist zumeist die Folge. Ähnlich sieht es auch bei den Bedrohungsmarkern aus. Verwende ich Aktionen oder Personen um mich davor zu schützen kostet dies natürlich Tempo. Wer Risiko geht, kann hier einen Vorteil herausholen. Oder aber das eigene Spiel gänzlich an die Wand fahren. Die Entscheidungen sind hier so vielfältig wie umfangreich. Insgesamt liegt der Glücksanteil allerdings bei einem erträglichen Maß, auch wenn er das Niveau früherer Feld-Spiele etwas übersteigt.

Insgesamt hat Stefan Feld damit erneut ein rundum gelungenes Spiel für Vielspieler erschaffen. Bei einer solchen Kreativität und Abwechslung sehe ich auch gerne über die etwa einseitige thematische Einbindung hinweg. Fließt die gesparte Schaffenskraft in ständig neue und kreative Mechanismen können gerne noch dutzende mittelalterliche Handelsstädte den Weg in mein Spielregal finden. Zur Verfügung stehen etwa noch Flensburg, Lübeck oder Provins in Frankreich.

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