Spielspaß aus deutschen Landen
Deutsche Brettspiele sind
staubtrocken, planbar bis ins letzte Detail und lassen sowohl Thema als auch
Spielspaß vermissen. Amerikanische Spiele sind glücksbasierte Würfelorgien die
mehr Wert auf die Spielwelt als auf strategischen Tiefgang legen. Entsprechend
sind wir hier in Mitteleuropa zumeist auf Importe angewiesen, wenn wir denn an
einem Spiel auch einmal Spaß haben wollen. Ach ja, Vorurteile sind doch was
Schönes. Umso spannender also, wenn zur Abwechslung einmal ein thematisch
dichtes, deutsches Fantasy-Spiel den Sprung zurück über den großen Teich
schafft. Jüngst ist die bei „Die Legenden von Andor“ gelungen das, bei Kosmos
erschienen, in englischer Sprache von Fantasy Flight Games veröffentlich wird.
Verwundert hat dies allerdings nicht, wurde doch selten für ein Spiel ein
solcher Werbeaufwand (inklusive Alternate Reality Game) betrieben. Das der
Autor Michael Menzel (ja, der bekannte Brettspielillustrator) heißt, hat alldem
sicher auch nicht geschadet.
Gerade im ersten Szenario werden den Spielern über
den Erzähler sogar fast alle Regeln nahegebracht. Das Regelheft erklärt kaum
mehr, als dass ein Schritt einen Aktionspunkt kostet. Weitere Regeln kommen
dazu sobald sie nötig werden und der Erzähler das vorgegebene Feld betritt.
Entsprechend einfach ist der Einstieg, die nötigen Regeln schnell erklärt.
Gleichzeitig ändern oder erweitern sich über den Erzähler auch die Spielziele.
Muss man zu Beginn des Szenarios etwa nur die Burg verteidigen, wird nach und
nach klar, dass auch weitere Bedingungen (etwa Kurieraufträge oder Kämpfe) zum
Spielsieg nötig sind. Erreicht der Erzähler das Ende der Skala bevor alle Ziele
erreicht wurden gilt die Schlacht als verloren. Ansonsten gewinnen die Spieler.
Drachenjagen für Anfänger
In Die Legenden von Andor streiten
bis zu 4 Helden gemeinsam gegen ein Heer des Bösen, inklusive Troll und Drache.
Dazu beginnen wir auf festgelegten Feldern eines von 2 (wunderschön
gestalteten) Spielplänen und versuchen unsere knappen Vorrat an täglichen
Aktionen bestmöglich einzusetzen. Doch bevor wir zur Tat schreiten dürfen gilt
es zuerst für ein gerüttelt Maß an Bedrohung zu sorgen. Neben besonderen
Aktionskarten und Szenario-Ereignissen sorgen dabei vor allem die anrückenden
Monster dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Wie auch die Helden stehen diese
auf einzelnen Spielplanfeldern und nähern sich Runde für Runde der Burg. Je
nach Spielerzahl darf diese nur von einer vorgegebenen Menge betreten werden
bevor das Spiel als verloren gilt, was dank überspringen und Doppelzügen
überraschend schnell der Fall sein kann. Folgerichtig ist der Angriff eine der
wichtigsten Aktionen der Helden. Wie auch die Bewegung auf ein Nachbarfeld
kostet dieser allerdings einen der sieben (mögliche Überstunden nicht
mitgezählt) verfügbaren Aktionen pro Tag. Der Kampf selbst wird mittels Würfeln
und der eigenen (steigerbaren) Stärke ausgefochten. Gerade robustere Monster
sollten dabei besser im Team angegangen werden, um nicht unnötig Zeit und
Willenskraft (Lebenspunkte) zu verlieren. Auf dem Spielplan befinden sich
obendrein noch Händler die den Kauf von Ausrüstung ermöglichen, eine Hexe,
Brunnen, zu erforschender Nebel, Heilkräuter, Runensteine, und… und… und. Über
fehlende Beschäftigung kann also nicht geklagt werden.
Der Erzähler
Während wir über den Spielplan reisen, unsere Fähigkeiten verbessern und Monstrositäten abwehren, entwickelt sich um uns herum eine immer dichter werdende Geschichte. Insgesamt 5 Szenarien liegen dem Spiel dabei von vornherein bei, wobei jedes thematisch auf den vorherigen aufbaut. Für das Voranschreiten der Geschichte zeichnet sich dabei der sogenannte Erzählerstein verantwortlich, der eine Skala auf dem Spielplan entlangwandert. Dieser bewegt sich unter anderem zu Beginn jeder Runde ein Feld weiter und aktiviert damit neue Ereignisse oder Elemente der Geschichte. Darüber hinaus bewegt er sich ebenfalls nach jedem besiegten Monster. Das Vernichten von Monstern, obwohl unumgänglich, beschleunigt also gleichzeitig den Spielverlauf und erhöht den Zeitdruck.
Während wir über den Spielplan reisen, unsere Fähigkeiten verbessern und Monstrositäten abwehren, entwickelt sich um uns herum eine immer dichter werdende Geschichte. Insgesamt 5 Szenarien liegen dem Spiel dabei von vornherein bei, wobei jedes thematisch auf den vorherigen aufbaut. Für das Voranschreiten der Geschichte zeichnet sich dabei der sogenannte Erzählerstein verantwortlich, der eine Skala auf dem Spielplan entlangwandert. Dieser bewegt sich unter anderem zu Beginn jeder Runde ein Feld weiter und aktiviert damit neue Ereignisse oder Elemente der Geschichte. Darüber hinaus bewegt er sich ebenfalls nach jedem besiegten Monster. Das Vernichten von Monstern, obwohl unumgänglich, beschleunigt also gleichzeitig den Spielverlauf und erhöht den Zeitdruck.
Licht…
Das „Erzählerprinzip“ ermöglicht bei
Andor einen Einstieg in nur wenigen Minuten, das Material ist wunderschön
gestaltet, reichlich und durchweg zweckmäßig. Auch inhaltlich weiß das Spiel zu
gefallen, die entworfenen Geschichten sind spannend und stimmig umgesetzt.
Obwohl dem Spiel, abgesehen vom Erzähler, kaum Innovatives anhaftet, ist das
Zusammenspiel von Thema, Grafik und Geschichte wunderbar gelungen. Gerade
Spieler die noch nicht viele Erfahrungen im Bereich der kooperativen
Fantasy-Spiele sammeln konnten, werden sich in Andor schnell heimisch fühlen.
Entsprechend rief Andor bei seinem Erscheinen vielerorts wahre
Begeisterungsstürme hervor. Dass ich mich dieser Euphorie leider nicht
uneingeschränkt anschließen kann, liegt dabei an mehreren Punkten.
…und Schatten
Der geringste davon ist das Fehlen
einer sinnvollen Spielregel. Das Prinzip des Regelerklärens während des Spiels
mag auf den ersten Blick angenehm erscheinen. Spätestens wenn man eine
bestimmte Regel nachlesen will kann es allerdings ganz gewaltig nerven. In
diesem Fall bleibt kaum etwas übrig als dutzende von Erzählerkarten nach
ebenjener abzusuchen. Ein zusätzliches, „normales“ Regelheft hätte hier Abhilfe
geschaffen ohne das innovative Elemente des Regellernens zu schmälern. In
zukünftigen Editionen soll allerdings dem Vernehmen nach ein Solches beiliegen,
dieser Kritikpunkt würde demnach entfallen. Auch das zweite „Problem“ ist eher
marginaler Natur. Die 5 beiliegenden Szenarien basieren nicht unwesentlich auf
überraschenden Wendungen und einer sich entwickelnden Geschichte. Ist dies
alles erst einmal erlebt, verliert das Spiel deutlich an Reiz. Obwohl 2 der
Szenarien etwas Variation aufweisen, beschränkt sich dies meist darauf, wann,
wo und welche Monster/Händler auftauchen oder agieren. Abhilfe schaffen bereits
jetzt (hier)
per Download verfügbare Szenarien sowie eine angekündigte Erweiterung. Darüber
hinaus bieten schon die beigelegten Szenarien viele Stunden Beschäftigung und
damit deutlich mehr als so manches Spiel mit gigantischer Kampagne.
Der letzte und für mich schwerwiegendste Kritikpunkt betrifft den Erzähler. Dieser bewegt sich einerseits zu Rundenbeginn, aber auch nach dem Besiegen eines Monsters. Da der Erzähler gleichzeitig das Zeitlimit darstellt, reduziert das Vernichten eines Monsters damit direkt und deutlich die verfügbare Restzeit. Vom Spieldesign her macht dies durchaus Sinn, muss man dadurch doch deutlich mehr planen und taktieren. Einfach jedes Monster verhauen wird unter Garantie zur Niederlage führen. Thematisch schreckt es mich aber einfach ab, ein Monster bewusst in die Burg rennen zu lassen (um die dort befindlichen Bauern zu erschlagen), obwohl ich dies problemlos verhindern könnte. Fast in jedem Szenario stellt sich irgendwann die Frage ob wir einige Bürger retten oder das Spiel gewinnen wollen. An dieser Stelle wären wir wieder am Anfang des Textes, überwiegt hier doch das planerische Element deutlich vor dem Thematischen. Gerade bei einem so auf dem Erzählerischen basierenden Werk geht damit ein nicht unwesentlicher Teil der Stimmung verloren. Was dadurch am Ende für mich bleibt sind trotzdem viele Stunden guter Unterhaltung, aber auch eine leider vergebene Chance auf ein wirklich großartiges Spiel.
Die App zum Spiel:
AntwortenLöschenhttps://andorgame.com/
iOS
https://itunes.apple.com/us/app/legends-of-andor/id1436700869?mt=8
Android
https://play.google.com/store/apps/details?id=com.usm.andorsecret&hl=en