Die meisten Autoren
dürften ihren ganz eigenen Weg haben, wie sie ein Spiel entwickeln. Wenn dazu allerdings
Exceltabellen mit 596 Zeilen und fast 100 Spalten gehören, dann werde zumindest
ich schnell nervös. Zumal in dieser Tabelle so „spannende“ Fakten wie
Flügelspannweite, Gelegegröße und Nesttyp zu finden sind. Dennoch hat Elizabeth
Hargrave es geschafft, aus diesen Daten und Fakten ein ganz besonderes Spiel zu
entwickeln. Und schlussendlich überzeugt bei Flügelschlag (Feuerland) dann
sogar das Thema. Auch wenn mir noch immer nicht ganz klar ist, in welche Rolle
wir hier genau schlüpfen.
Gerade
einmal 4 verschiedene Aktionen
Zu Beginn des Spiels sieht
unser persönliches Habitat noch recht leer aus, kein Vogel weit und breit.
Dafür aber Platz in 3 verschiedenen Geländetypen, Wald, Wiese und Feuchtgebiet.
Genau dorthin wollen wir nach und nach unsere Vogelkarten spielen, womit auch
schon die erste von gerade einmal 4 verschiedenen Aktionen genannt wurde. Als
Kosten sind dabei das vom Vogel bevorzugte Futter sowie, später im Spiel,
Vogeleier zu zahlen. Und damit sind wir auch schon bei den anderen 3 Aktionen.
Denn mit diesen besorgen wir Futter, ziehen Vogelkarten oder legen Eier auf
Vögel. Die Aktionen selbst sind dabei den 3 Geländetypen zugeordnet und werden
effektiver, je mehr Vögel dort ausliegen.
Besondere
Vögel
Natürlich ist auch bei
Flügelschlag Vogel nicht gleich Vogel. Und genau da wird es spannend. Denn
Jeder Vogel ist einzigartig, die meisten von Ihnen verfügen über bestimmte
Fähigkeiten. Manche davon werden einmal beim Ausspielen aktiviert, andere wenn
die Mitspieler eine bestimmte Aktion ausführen. Am spannendsten aber sind die
Vögel, die bei Aktivierung ihres Habitats einen Bonus bieten. Erlaubt die Aktion
im Feuchtgebiet etwa zu Spielbeginn gerade einmal das Ziehen einer Vogelkarte,
bekommen wir später mehrere Karten, legen manche davon als lukrative Beute
unter einen Vogel und besorgen uns selbst und den Mitspielern nebenbei auch
noch etwas Futter. Solche Kettenzüge fühlen sich einerseits sehr befriedigend
an, sind zugleich aber auch essentiell. Denn im Verlauf der Partie stehen uns
immer weniger Aktionen zur Verfügung.
Punkteträchtiges
Vorgehen
Nach insgesamt 4
Durchgängen endet eine Partie Flügelschlag, wobei am Ende jedes Durchgangs eine
kleine Bonuswertung stattfindet. Dann gibt es etwa Punkte für die Mehrheit an
bestimmten Nesttypen oder an Vögeln im Wald. Zu diesen Punkten werden gelegte
Eier sowie die Werte der Vögel addiert. Darüber hinaus bekommt jeder Spieler zu
Beginn Bonuskarten, die ebenfalls bestimmte Vögel oder Vorgehensweisen
honorieren. Möglichkeiten zu punkten gibt es also viele. Und am besten hat man
all das im Blick, während man zugleich auch noch einen funktionierenden
Vogelschwarm aufbaut.
Fazit
Flügelschlag ist ein
Spiel, dass sich trotz überwiegend bekannter Mechanismen frisch und
unverbraucht anfühlt. Den Aufbau von Aktionsketten kennt man zur Genüge, ebenso
wie unterschiedliche Karten die optimal genutzt werden wollen. Die Autorin
schafft es allerdings, diese Mechanismen gekonnt miteinander zu verzahnen und
an den richtigen Stellschrauben zu drehen. So verlieren wir etwa Runde für
Runde eine Aktion. Dadurch fühlen sich auch spätere Züge, den effektiveren und
umfangreicheren Aktionen zum Trotz, nicht wesentlich länger an. Zudem sind die
eigenen Züge schnell erledigt, allenfalls in Vollbesetzung kann es zu störenden
Wartezeiten kommen. Das absolut herausragende Material tut dabei natürlich sein
Übriges und kann fast zur Gänze begeistern.
Dennoch ist auch
Flügelschlag nicht ganz ohne Kritik. So ist das Spiel doch über weite Strecken
sehr solitär. Allenfalls die Rundenziele und ein paar Vögel sorgen zumindest
für ein Mindestmaß an Interaktion. Entsprechend kann man, gerade zu Beginn,
durchaus Pech mit den Vögeln haben. Es passiert zwar selten, wer aber in der
ersten Runde partout nicht an günstige oder effektive Vögel kommt, der kann
durchaus ins Hintertreffen geraten. Oder man bekommt einfach nicht die
passenden Vögel für die ausliegenden Ziele. Mit etwas Erfahrung kann man diese
Situation zwar teilweise ausgleichen, dennoch ist der entstandene Nachteil
nicht immer einzuholen. Zuletzt ruht der Fokus gegen Ende des Spiels häufig auf
der Eierproduktion. Oft macht es hier keinen Sinn mehr, weitere Vögel
auszuspielen. Stattdessen werden mehrfach Eier gelegt, weil hier einfach am
meisten Punkte zu holen sind. Gerade die letzten Runden verlieren dadurch
häufig an Intensität.
Trotz der kleinen
Schwächen gefällt mir Flügelschlag ausgesprochen gut. Den eingängigen Regeln
und überschaubaren Optionen zum Trotz, entfaltet sich immer wieder ein
neues Spiel mit spannenden und vielfältigen Entscheidungen. Das großartige
Material ist dabei nur die Prise Salz auf dem Ei.
Schöne Rezension Dankeschön.
AntwortenLöschenNur am Ende ist es die "Prise"
Salz...:-) nicht die Brise.
Ups...
LöschenIst korrigiert, vielen Dank.
Danke für die Rezension. Allerdings noch eine Frage zur Regel. Beim Einlagern von Futter gibt es einmal "lagere ihn ein" und "du darfst ihn einlagern". Habe ich dann tatsächlich die Wahl?
AntwortenLöschenFür uns in Mitteleuropa ist es ein bissl schade, dass "Flügelschlag" nicht unsere heimischen Arten zeigt (das wäre sinnvoll, da die meisten Spieler auch "unsere" Arten kaum kennen und auf diese Weise kennenlernen könnten), sondern amerikanische (nur ein paar wenige Arten davon sind auch in Europa zu sehen).
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