Dienstag, 2. April 2019

Flügelschlag


Die meisten Autoren dürften ihren ganz eigenen Weg haben, wie sie ein Spiel entwickeln. Wenn dazu allerdings Exceltabellen mit 596 Zeilen und fast 100 Spalten gehören, dann werde zumindest ich schnell nervös. Zumal in dieser Tabelle so „spannende“ Fakten wie Flügelspannweite, Gelegegröße und Nesttyp zu finden sind. Dennoch hat Elizabeth Hargrave es geschafft, aus diesen Daten und Fakten ein ganz besonderes Spiel zu entwickeln. Und schlussendlich überzeugt bei Flügelschlag (Feuerland) dann sogar das Thema. Auch wenn mir noch immer nicht ganz klar ist, in welche Rolle wir hier genau schlüpfen.






Gerade einmal 4 verschiedene Aktionen
Zu Beginn des Spiels sieht unser persönliches Habitat noch recht leer aus, kein Vogel weit und breit. Dafür aber Platz in 3 verschiedenen Geländetypen, Wald, Wiese und Feuchtgebiet. Genau dorthin wollen wir nach und nach unsere Vogelkarten spielen, womit auch schon die erste von gerade einmal 4 verschiedenen Aktionen genannt wurde. Als Kosten sind dabei das vom Vogel bevorzugte Futter sowie, später im Spiel, Vogeleier zu zahlen. Und damit sind wir auch schon bei den anderen 3 Aktionen. Denn mit diesen besorgen wir Futter, ziehen Vogelkarten oder legen Eier auf Vögel. Die Aktionen selbst sind dabei den 3 Geländetypen zugeordnet und werden effektiver, je mehr Vögel dort ausliegen. 


Besondere Vögel
Natürlich ist auch bei Flügelschlag Vogel nicht gleich Vogel. Und genau da wird es spannend. Denn Jeder Vogel ist einzigartig, die meisten von Ihnen verfügen über bestimmte Fähigkeiten. Manche davon werden einmal beim Ausspielen aktiviert, andere wenn die Mitspieler eine bestimmte Aktion ausführen. Am spannendsten aber sind die Vögel, die bei Aktivierung ihres Habitats einen Bonus bieten. Erlaubt die Aktion im Feuchtgebiet etwa zu Spielbeginn gerade einmal das Ziehen einer Vogelkarte, bekommen wir später mehrere Karten, legen manche davon als lukrative Beute unter einen Vogel und besorgen uns selbst und den Mitspielern nebenbei auch noch etwas Futter. Solche Kettenzüge fühlen sich einerseits sehr befriedigend an, sind zugleich aber auch essentiell. Denn im Verlauf der Partie stehen uns immer weniger Aktionen zur Verfügung.

Punkteträchtiges Vorgehen
Nach insgesamt 4 Durchgängen endet eine Partie Flügelschlag, wobei am Ende jedes Durchgangs eine kleine Bonuswertung stattfindet. Dann gibt es etwa Punkte für die Mehrheit an bestimmten Nesttypen oder an Vögeln im Wald. Zu diesen Punkten werden gelegte Eier sowie die Werte der Vögel addiert. Darüber hinaus bekommt jeder Spieler zu Beginn Bonuskarten, die ebenfalls bestimmte Vögel oder Vorgehensweisen honorieren. Möglichkeiten zu punkten gibt es also viele. Und am besten hat man all das im Blick, während man zugleich auch noch einen funktionierenden Vogelschwarm aufbaut.


Fazit
Flügelschlag ist ein Spiel, dass sich trotz überwiegend bekannter Mechanismen frisch und unverbraucht anfühlt. Den Aufbau von Aktionsketten kennt man zur Genüge, ebenso wie unterschiedliche Karten die optimal genutzt werden wollen. Die Autorin schafft es allerdings, diese Mechanismen gekonnt miteinander zu verzahnen und an den richtigen Stellschrauben zu drehen. So verlieren wir etwa Runde für Runde eine Aktion. Dadurch fühlen sich auch spätere Züge, den effektiveren und umfangreicheren Aktionen zum Trotz, nicht wesentlich länger an. Zudem sind die eigenen Züge schnell erledigt, allenfalls in Vollbesetzung kann es zu störenden Wartezeiten kommen. Das absolut herausragende Material tut dabei natürlich sein Übriges und kann fast zur Gänze begeistern.

Dennoch ist auch Flügelschlag nicht ganz ohne Kritik. So ist das Spiel doch über weite Strecken sehr solitär. Allenfalls die Rundenziele und ein paar Vögel sorgen zumindest für ein Mindestmaß an Interaktion. Entsprechend kann man, gerade zu Beginn, durchaus Pech mit den Vögeln haben. Es passiert zwar selten, wer aber in der ersten Runde partout nicht an günstige oder effektive Vögel kommt, der kann durchaus ins Hintertreffen geraten. Oder man bekommt einfach nicht die passenden Vögel für die ausliegenden Ziele. Mit etwas Erfahrung kann man diese Situation zwar teilweise ausgleichen, dennoch ist der entstandene Nachteil nicht immer einzuholen. Zuletzt ruht der Fokus gegen Ende des Spiels häufig auf der Eierproduktion. Oft macht es hier keinen Sinn mehr, weitere Vögel auszuspielen. Stattdessen werden mehrfach Eier gelegt, weil hier einfach am meisten Punkte zu holen sind. Gerade die letzten Runden verlieren dadurch häufig an Intensität.

Trotz der kleinen Schwächen gefällt mir Flügelschlag ausgesprochen gut. Den eingängigen Regeln und überschaubaren Optionen zum Trotz, entfaltet sich immer wieder ein neues Spiel mit spannenden und vielfältigen Entscheidungen. Das großartige Material ist dabei nur die Prise Salz auf dem Ei.


4 Kommentare:

  1. Schöne Rezension Dankeschön.
    Nur am Ende ist es die "Prise"
    Salz...:-) nicht die Brise.

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  2. Danke für die Rezension. Allerdings noch eine Frage zur Regel. Beim Einlagern von Futter gibt es einmal "lagere ihn ein" und "du darfst ihn einlagern". Habe ich dann tatsächlich die Wahl?

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  3. Für uns in Mitteleuropa ist es ein bissl schade, dass "Flügelschlag" nicht unsere heimischen Arten zeigt (das wäre sinnvoll, da die meisten Spieler auch "unsere" Arten kaum kennen und auf diese Weise kennenlernen könnten), sondern amerikanische (nur ein paar wenige Arten davon sind auch in Europa zu sehen).

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