Sonntag, 26. März 2023

Kurz gefasst 1.23

Um aus der schier endlosen Flut neuer Escape-Spiele herauszustechen, muss man sich inzwischen schon etwas Besonderes einfallen lassen. Und dem Ideenreichtum der Autoren und Verlage scheinen dabei kaum Grenzen gesetzt. Im Fall von Amelia’s Secret (Asmodee) müssen sich die Spielerinnen per Augmented Reality durch ein Geisterhaus rätseln. Die Schriftrolle der Geheimnisse (APEX Ideenschmiede / TOPP) dagegen ist eine 1,80 m lange Landkarte voller Bilderrätsel. Und in den Time Guardian Adventures (Bleau & Cravotta / Ravensburger) verspricht ein dreidimensionales Puzzle die Lösung. Stellt sich nur die Frage, ob hinter all den guten Ideen auch gute Spiele stecken.

 

Amelia’s Secret (Asmodee)

Ein verwunschenes Haus, ein verschwundenes Mädchen und düstere Geheimnisse. In Amelia‘s Secret werden wir in ein Horror-Szenario geworfen, dass wir hautnah erleben können. Denn das Spiel setzt auf Augmented Reality. Das bedeutet, dass wir die großformatigen Karten im ganzen Raum verteilen und mit dem Handy scannen. Betrachten wir etwa die Karte mit dem Spiegel, taucht dieser (und noch einiges mehr) auf dem Handybildschirm auf. Die Kommode können wir aus mehreren Richtungen betrachten, mit verschiedenen Elementen kann interagiert werden. Auf diese Art sammeln wir Gegenstände, kombinieren diese an anderen Orten und lösen allerlei Rätsel. Inklusive Horror-Feeling und Schreckmomenten.

Die Idee hinter Amelia’s Secret klingt interessant, gerade das Horror-Szenario verspricht Gänsehaut und bietet spannende Möglichkeiten. Leider bleibt es aber bei einem Versprechen, und das aus zwei Gründen. Einerseits bereitet die Technik immer wieder große Probleme. Die Ausrichtung der Handy-Kamera muss perfekt passen, was gerade bei Objekten, die man von mehreren Seiten aus betrachten muss, ziemlich Nerven kostet. Mehrfach haben wir so Lösungen übersehen oder erst beim X-ten Versuch entdeckt. Andererseits ist das aber auch die einzige Schwierigkeit am Spiel. Den die Aufgaben selbst sind weitestgehend banal, und das obwohl wir den hohen Schwierigkeitsgrad gespielt haben. Schade, aber in dieser Form macht Augmented Reality keinen Spaß.

 

Die Schriftrolle der Geheimnisse (APEX Ideenschmiede / TOPP)

Wimmelbilder erleben spätestens seit Micro Macro eine Renaissance. Die Schriftrolle der Geheimnisse treibt das mir einer 1,80 m langen Schriftrolle auf die Spitze. Diese zeigt eine Landkarte, die wir als Abenteurergruppe nach und nach entrollen. In jedem Kapitel gibt es dabei kleine Worträtsel zu lösen, indem das korrekte Bild auf der Schriftrolle gefunden wird. Haben wir genug Rätsel gelöst, werden neue Landstriche freigelegt. Zudem schlüpft jeder in die Haut eines Charakters, vom Scharlatan bis zur Kriegerin. Diese haben ebenfalls persönliche Rätsel, zudem aber auch Marken, die sie in den einzelnen Kapiteln auf Rätsel legen und damit anzeigen, welches davon sie unbedingt lösen wollen. Auf diesem Weg lassen sich Boni freispielen, aber auch Schaden kassieren, der zum Spielende führen kann.

Die Schriftrolle der Geheimnisse beeindruckt vom Fleck weg mit der namensgebenden Schriftrolle. Tolles Material, eine schöne gezeichnete Karte und einiges zu entdecken. Leider war es das aber auch schon. Denn die kleinen Rätselgedichte schwanken zwischen belanglos und unlogisch, das Absuchen des Plans und das wilde Spekulieren über die Lösung nerven schnell. Aber das ist gar nicht das Hauptproblem, denn das Entdecken der Schriftrolle kann (trotz der Schwächen) durchaus noch Spaß machen. Ganz anders sieht es bei den zusätzlichen Elementen aus. Die Verwaltung der Marker, das Nachhalten von Schaden und sogar das theoretische Spielende führen das ganze Konzept ad absurdum. Ich will nicht erst überlegen, welche Rätselgedicht ich vielleicht lösen kann, bevor es überhaupt losgeht. Ich will nicht ein Rätsel lösen aber besser nichts sagen, damit der Mitspieler (der das Rätsel vorher markiert hat) es vielleicht auch noch lösen kann. Und ich will auch nicht Mitten in der Schriftrolle verlieren, oder (noch schlimmer) als einzelner Spieler eliminiert werden. All diese Regeln hätte kein Mensch benötigt, denn in dieser Form ist das Spiel leider ein absoluter Reinfall.

 

Time Guardian Adventures (Rebecca Bleau & Nicholas Cravotta / Ravensburger)

Mein Alptraum ist wahrgeworden: Eine Welt ohne Schokolade. Mit diesem Horror-Szenario werden wir im neuen 3D-Puzzle-Escape-Spiel willkommen geheißen. Und eigentlich ist mit dieser Bezeichnung auch schon alles erklärt. Denn aus genau diesen Elementen setzt sich das Spiel zusammen: Stets bekommen wir einen kleinen Teil der Geschichte, puzzeln danach gemeinsam an einer wachsenden, dreidimensionalen Röhre und lösen damit (und mit einigen Karten) das Rätsel. Sechsmal werden wir zum Puzzeln aufgefordert, sechs Rätsel sind zu lösen, bevor wir der Welt (hoffentlich) die Schokolade zurückbringen.

Obwohl eigentlich Rätsel und Puzzle im Vordergrund stehen sollten, überzeugt bei Time Guardian Adventures eher die niedliche Geschichte. Die Story um einen durchgeknallten Wissenschaftler und seine (und unsere) Änderungen der Zeitachse, ist spaßig umgesetzt und kann Kinder wie Erwachsene unterhalten. Das Spiel selbst bleibt dagegen recht belanglos. Die Rätsel richten sich überwiegend an Anfänger, aufgrund der kleinen Anzahl wird deutlich mehr Zeit fürs Puzzeln aufgewendet. Zudem fehlt es an kreativen Ansätzen, das Material hätte hier mehr zugelassen. Gerade für unerfahrene Spieler und Puzzlefreunde ist Time Guardian Adventures dennoch einen Blick wert.

 



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