Eine
Box voller Drachen
Vor rund 10 Jahren ging
erstmals ein blauer Mond über dem gemeinen Spielervolk auf. Reiner Knizia
veröffentlichte in der Kosmos-Reihe „Spiele für Zwei“ ein Werk, das man so von
ihm eigentlich nicht erwartet hätte. Voller Magie, Drachen und mystischer
Völker. Obwohl Blue Moon damals durchaus für Begeisterung zu sorgen wusste,
hatte es doch einen grundlegenden Nachteil. Das Basisspiel beinhaltete gerade
einmal 2 spielbare Völker und damit einen überschaubaren Wiederspielwert. Die
restlichen der insgesamt 9 Völker (ganz zu schweigen von diversen Promo-Karten)
mussten separat gekauft werden, was sich nicht selten als echte Herausforderung
erwies. Fantasy Flight Games und der Heidelberger Spieleverlag haben dieses
Problem umgangen indem sie in der Neuauflage " Die Legenden von Blue Moon" schlicht alle
jemals erschienenen Karten in die Box gepackt haben.
Spielerisch hat sich
dabei allerdings nichts geändert. Nach wie vor versuchen wir als Thronanwärter
3 Drachen auf unsere Seite zu ziehen. Dazu steht uns ein Deck voller Karten zur
Verfügung, mit dem wir unseren Gegner mittels Feuer, Erde und einem riesigen
Sammelsurium an Sonderfähigkeiten bekämpfen.
Der
Kampf
Ein Deck mit 30
völkerspezifischen Karten steht jedem Spieler zur Verfügung um damit die
Kontrolle über 3 Drachen und den Spielsieg zu erringen. Zu den häufigsten
Karten zählen dabei Charaktere, die sich in Werten für Feuer und Erde sowie
Sonderfähigkeiten unterscheiden. Um das Ringen um einen Drachen zu beginnen,
spielt der aktive Spieler einen dieser Charaktere aus und benennt, ob er dieses
Duell mit Feuer oder Erde ausfechten will. Er ermittelt seine aktuelle Stärke
in diesem Element die Wiederum vom Gegner mindestens erreicht werden muss. Dazu
stehen, neben Charakteren, auch Unterstützung und Verstärkungskarten zur
Verfügung. Deren Stärke wird zumeist zum eigenen Charakter hinzu addiert. Unfairerweise
werden die meisten gespielten Karten inaktiv sobald man wieder am Zug ist. Hohe
Stärkeansagen können also schnell zum Bumerang werden wenn man auf den
gegnerischen Konter nicht mehr reagieren kann. Auf diese Art schwappt der Kampf
hin und her bis 1 Spieler die genannte Stärke nicht mehr erreichen kann oder
will und sich zurückzieht. Alle gespielten Karten werden abgeräumt und der
Sieger bekommt die Kontrolle über 1 oder 2 Drachen. Sobald 1 Spieler einen
(nicht existenten) vierten Drachen übernehmen würde oder 1 Kartendeck ausgeht
endet das Spiel.
Die
Variation
Was in obigem Text recht
repetitiv und wenig spannend klingt, ist in Wirklichkeit eine sehr taktische
und fesselnde Erfahrung. Es ist nämlich keinesfalls so, dass man sich ständig
nur höhere Zahlen um die Ohren haut. Vielmehr hat jedes der 9 Völker
unterschiedliche Stärken und Vorgehensweisen. Die Vulka sind dabei noch am
ehesten mit den klassischen Haudraufs zu vergleichen. Sehr hohe Werte im Feuerbereich
sorgen hier für eine offensichtliche Spielweise. Andere Völker müssen deutlich
subtiler gehandhabt werden. Die Flit etwa haben vergleichsweise schwache
Charaktere. Zum Ausgleich kann man diese aber wieder auf die Hand nehmen und
ein Sammelsurium starker Verstärkungskarten sorgt für ordentliche Feuerkraft.
Auch ist es keinesfalls angebracht auf Biegen und Brechen jedes Duell zu
gewinnen. Häufig ist ein Rückzug im richtigen Moment vorteilhafter als ein
sinnloser Kampf. Und sollten die 9 Völker tatsächlich irgendwann nicht mehr
genug Stoff liefern, sorgt eine Vielzahl von Zusatzkarten mit denen die Decks
angereichert und umgebaut werden können für ungezählte weitere Optionen.
Fazit
Dass Blue Moon ein durchaus hohes Maß an Wiederspielreiz besitzt sollte damit klar sein. Die
Frage ist: will man Blue Moon überhaupt so oft spielen? An dieser Stelle kann
ich schon einmal beruhigen: ja, man will. Blue Moon bietet bei einer
vergleichsweise kurzen Spielzeit (~ 15 Minuten) eine Fülle von taktischen Erwägungen,
Entscheidungen und Emotionen. Gleichzeitig sind die einzelnen Völker sehr gut
aufeinander abgestimmt und jedes macht auf seine Art und Weiße Spaß.
Dabei will ich aber nicht
verhehlen, dass Blue Moon durchaus auch seine Schwächen hat. Insbesondere der
Einstieg gestaltet sich, trotz der überschaubaren und in weiten Teilen gelungenen
Regeln, nicht ganz einfach. Zu viele Sonderfähigkeiten, Ausnahmen und Symbole
sorgen hier für Verwirrung und häufiges Nachschlagen in den Regeln. Im Prinzip
muss jedes Deck neu gelernt werden um damit wirklich Spaß zu haben. Obendrein
ist und bleibt Blue Moon natürlich ein Kartenspiel. Trotz aller Balance wird es
immer Partien geben bei denen man schlicht chancenlos ist, weil die richtigen
Karten einfach nicht kommen.
Wer darüber aber hinweg
sehen kann, der bekommt ein kurzes wie kurzweiliges Kartenspiel, das alleine
aufgrund seiner Fülle für viele Abende Spaß garantiert.
Zwei Dinge dazu:
AntwortenLöschen- Die Karten dieser Neuauflage sind kleiner und dafür wurden die Original-Grafiken heftig beschnitten. Jetzt sind sie zwar immer noch schön, aber eben nicht mehr wunderschön wie die ursprünglichen Kunstwerke.
- Um das Spiel kennzulernen (und zu trainieren) gibt es eine grandiose (und kostenlose) PC-Umsetzung aller 9 Völker (Link auf BGG), mit den prachtvollen Original-Kartengrafiken.
Und ja: Das Spiel ist unbedingt zu empfehlen!!
Ulrich Roth
Hallo Ulrich,
AntwortenLöschendie Originalgrafik auf den Karten war tatsächlich noch etwas hübscher (weil größer). Allerdings kann ich auch mit der neuen Version sehr gut leben und ich vermute, dass ansonsten auch der Preis deutlich höher ausgefallen wäre.
Ich vermute mit der PC-Umsetzung meinst du http://keldon.net/bluemoon/ . Kannte ich bislang noch nicht. Keldons "Race for the Galaxy"-KI war allerdings richtig gut. Vielen Dank für den Hinweis, werde ich direkt mal ausprobieren.
Grüße
Tim