Video- oder Brettspiele? Für einige fast
schon eine Glaubensfrage, für viele von uns gehört aber beides zum Alltag. Und
warum auch nicht? Denn so unterschiedlich beide Spieletypen sein können, befruchten
und unterstützen sie sich doch immer wieder auch gegenseitig. Jüngst hat mit
Dorfromantik ein sehr erfolgreiches Videospiel seinen Weg auf die
Brettspieltische gefunden. Von Challengers! (Johannes Krenner & Markus
Slawitscheck / 1 More Time Games) gibt es, zumindest soviel ich weiß, noch
keine Version als Videospiel. Der Grundgedanke stammt aber ganz klar aus der
digitalen Welt. Denn Challengers! ist der wohl erste Auto-Battler in
Brettspielform.
Auto-Battler?
Was bedeutet das genau? Nun, im
Wesentlichen spielen wir ein Turnier, bei dem unsere Kartendecks automatisiert gegeneinander
antreten. In jeder der sieben Runden treffen sich die Mitspielerinnen zu Duellen,
bei einer ungeraden Spielerzahl wird der fehlende Platz durch einen Bot
aufgefüllt. In diesen Duellen decken wir stets die oberste Karte unseres Decks
auf und spielen diese in die Arena. Ist sie stark genug, um die aktuelle
Gegnerkarte zu schlagen, nehmen wir den Fahnenmarker und verbannen den Gegner
auf die Bank. Reicht die Stärke nicht, folgen weitere Karten und deren Stärke
wird addiert. Gewinnen wir die Fahne, wird die zuletzt gespielte Karte der neue
Verteidiger und der Mitspieler greift seinerseits an. Gehen einer Partei die
Karten aus oder zu viele Karten landen auf der Bank, ist diese Runde
entschieden. Nach sieben Runden treten die beiden Punktbesten im Finale
gegeneinander an und bestimmen die Siegerin.
Das Deck verbessern
Das klingt jetzt erst mal alles sehr
unspektakulär und wäre es auch, gäbe es nicht auch die Phase zwischen den
Duellen. Denn während anfangs alle ein identisches Deck aus sechs Karte
besitzen, ändert sich die Zusammenstellung sehr schnell. Vor jedem Duell darf Jeder
von einem Nachziehstapel ziehen und bis zu zwei Karten behalten. Zudem dürfen
ungeliebte Karten aus dem Deck entfernt werden. Genau hier finden auch die
spannenden Entscheidungen statt. Denn einerseits will ich natürlich ein großes
Deck haben, damit mir nicht auf halber Strecke die Puste ausgeht. Andererseits
sind zu viele unterschiedliche Karten riskant, füllen diese doch schneller die
Bank. Entsprechend beliebt ist es, viele gleiche Karten im Deck zu haben. Denn
diese belegen stets nur einen Bankplatz.
Für reichlich Abwechslung ist gesorgt
Natürlich bieten die Nachziehstapel eine
große Palette von Optionen. Jede Karte gehört einer Fraktion an, die ganz
unterschiedliche Stärken und Sonderfähigkeiten haben. Manche räumen die Bank
auf, andere sind besonders stark im Angriff oder in der Verteidigung. Manche
Fraktionen erlauben eine gewisse Kontrolle über das Deck, andere beeinflussen
den Deckbau zwischen den Partien. Selbst besonders kampfstarke Karten sind
enthalten, die zugleich aber das eigene Deck schwächen. Die vielfältigen
Optionen lassen selbst nach dutzenden Partien noch immer Neues entdecken.
Fazit
Zwei Dinge sind es, die Challengers!
deutlich aus der breiten Masse hervorheben. Das eine ist sicherlich der
automatisierte Spielablauf. Fast alle relevanten Entscheidungen werden vor den
Duellen getroffen, entsprechend flott und emotional laufen die Kämpfe ab.
Natürlich ist sowohl bei der Kartenwahl als auch beim Duell reichlich Glück
vorhanden. Aber wer in der einen Runde Pech hat, schmunzelt in der nächsten
schon wieder, wenn der gegnerische Vampir von der eigenen Gummiente in den
Staub getreten wird. Die zweite (und entscheidende) Besonderheit ist der
Turnier-Charakter. Eigentlich spielen wir hier nicht ein großes Spiel, sondern
sieben kleine Partien. Und mit jeder Partie hofft man auf den großen Wurf,
freut sich auf neue Karten und kann sich an einem neuen Gegner messen. Dass
dabei sogar der Platz gewechselt werden muss, lockert das ganze Geschehen
zusätzlich auf. Hier werden zwischen den Partien Erfahrungen ausgetaucht,
gefachsimpelt, das eigene Pech beklagt oder die Siege bejubelt. Gerade diese
„Meta-Spiel“, der „Trash-Talk“ zwischen den Runden ist eine besondere
Erfahrung.
Dennoch ist Challengers!
Nicht frei von Schwachstellen. Denn auch wenn das Spiel bereits ab 2
Spielerinnen funktioniert, entfaltet es seinen besonderen Sog erst in größeren
Gruppen. Der Trash-Talk und der Kampf gegen verschiedene Gegner machen eben
einen großen Teil des Reizes aus. Gleiches gilt für den Bot. Er funktioniert,
aber Partien gegen menschliche Gegner sind einfach um Längen spaßiger.
Entsprechend ist Challengers! in großen Gruppen mit gerader Spielerzahl am
besten. Nicht zu empfehlen ist das Spiel zudem für alle jene, die alles unter
Kontrolle haben wollen. Denn Challengers! soll in erster Linie Spaß machen und
Emotionen wecken. Der Glücksanteil ist entsprechend hoch, was gerade bei der
Auswahl neuer Karten auch mal zu Frust führen kann. Zudem sind bei den
Siegpokalen für die einzelnen Duelle die Zahlen „1“ und „7“ kaum zu
unterscheiden. In den ersten Partien führt das fast immer zu Spielfehlern.
Schade, aber ganz bestimmt kein Grund, sich dieses besondere Turnierspiel
entgehen zu lassen.
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