Donnerstag, 25. April 2013

Agricola: Die Bauern und das liebe Vieh


Agricola für Zwei

Brettspiele werden allenthalben als ein sehr soziales und kommunikatives Hobby betrachtet. Das verwundert kaum, ist doch die Mehrheit der Spiele für die gleichzeitige Nutzung durch 2 bis 4 (oder 5) Personen ausgelegt. Doch nicht jeder Spieler hat seinen eigenen Spielkreis griffbereit zu Hause im Regal liegen. Glücklich kann sich Jener schätzen, der im eigenen Haushalt einen festen Mitspieler hat, der sich Abend für Abend bereitwillig mit den neuesten Errungenschaften quälen lässt. Da es sich allerdings schon schwierig genug gestalten kann, auch nur eine solche Person aufzutreiben, gewinnen Spiele für Zwei zunehmend an Bedeutung. Obwohl die Mehrheit der Neuerscheinungen dabei zu zweit spielbar ist, beginnt man doch irgendwann jene Spiele zu schätzen, die gezielt für eine solche Minimalbesetzung designt wurden. Kein Dummy-Spieler, keine nervigen Anpassungen beim Spielaufbau und kein grundlegend anderes Spielgefühl je nach Spielerzahl. Um all Jenen, die vornehmlich zu Zweit spielen, etwas unter die Arme zu greifen, werde ich im Rahmen der „Spiele für Zwei“ in unregelmäßigen Abständen ebensolche Spiele vorstellen. Die Betonung liegt dabei auf „unregelmäßig“. In diesem Zusammenhang kann dies „nächste Woche“, „in einem Monat“ oder auch „2015“ bedeuten. Und weil unregelmäßig eben unregelmäßig ist, kann sich auch keiner beschweren wenn Lange nichts mehr kommt. Das habe ich mal wieder clever eingefädelt.

Beginnen möchte ich dabei mit Uwe Rosenbergs Agricola (Lookout). Keine Bange, ich meine damit nicht das gefühlt 7,38 kg schwere Monstrum das seit Jahren in allen Spiele-Hitlisten Vorne vertreten ist. Ich spreche vielmehr von dessen kleinem Bruder „Die Bauern und das liebe Vieh“. Dabei werden die grundlegenden Mechanismen aus Agricola (Arbeiter einsetzen, Rohstoffe sammeln und Dinge bauen) beibehalten, die Menge der Optionen allerdings merklich entschlackt (sprich: Alles weg außer Viehzucht). Als Folge lässt sich Agricola-DBudlV ganz gemütlich in rund 30 min spielen.







Meine kleine Farm
Um unseren eigenen Hofplan um Weidezäune, Futtertröge und Ställe für Schafe, Schweine, Pferde und Rinder zu erweitern, stehen uns jede Runde 3 Arbeiter zur Verfügung. Diese setzen wir nacheinander auf einem zentralen Plan ein und bekommen dafür, je nach Feld, Rohstoffe, Hoferweiterungen oder eben Vieh. Rohstoffe benötigen wir dabei zum Erwerb von Gebäuden. Diese wiederum sind in ihrer Funktion als Unterkunft für unsere Viehherden unverzichtbar. Geht uns der Bauplatz für Unterkünfte aus, bleibt als weiteres Aktionsfeld die Erweiterung unseres Grund und Bodens. Indem einige der Aktionsfelder bei Nichtverwendung Rohstoffe ansammeln, werden auch die Unattraktivsten irgendwann lohnenswert. Insgesamt spielen wir auf diese Art 8 Runden und ermitteln im Anschluss mittels Siegpunkten den Spielsieger. Punkte gibt es dabei für die Größe der einzelnen Herden, gebaute Gebäude oder schlicht die genutzte Fläche.  

 
3D Shot vom Spielmaterial


Überschaubar aber reizvoll
Ganz anders als beim großen Bruder ist Agricola-DBudlV kein kompliziertes Spiel. Die Möglichkeiten jeder Runde sind von vornherein recht begrenzt, neue Aktionen oder Aktionsfelder kommen im Spielverlauf nicht hinzu. Trotzdem, oder gerade deswegen, mach es durchaus Spaß. Neben dem eher gemütlichen Spielprinzip weiß dabei vor allem die kurze Spieldauer zu überzeugen. Auch das wunderschöne Spielmaterial (kleine Holztierchen) begeistert. An dieser Stelle will ich aber auch die auftretenden Probleme nicht unerwähnt lassen. Nach einigen Partien schleicht sich bei Agricola nämlich zunehmend das Gefühl ein, dass jede Partie sehr ähnlich verläuft. Auch wenn es im Kern durchaus verschiedene, siegversprechende Strategien gibt, bilden sich doch recht zügig erfolgreiche Pfade heraus. Dies ist nicht zuletzt dem vorgegebenen Aufbau geschuldet, der in jeder Partie identisch ist. Trotzdem, wer ein schnelles, taktisches Spiel sucht, ohne allzu vielfältige Strategien zu erwarten, sollte unbedingt einen Blick riskieren.

Agricola: Mehr Ställe für das liebe Vieh
An dieser Stelle würde ich nun gerne schreiben, dass Uwe Rosenberg meine Kritik bezüglich der mangelnden Variation erhört, und direkt mit einer Erweiterung beantwortet hat. Dem ist leider nicht so. Zumindest was das erhören meiner Kritik angeht. Die Erweiterung gibt es dagegen tatsächlich bereits und sie erhöht mit 27 Spezialgebäuden den Wiederspielreiz des Basisspiels enorm. Folgerichtig findet ihr Heute nicht nur eine, sondern gleich zwei Reviews in Einem. Das ist toll, das ist revolutionär, das ist Spielfreu(n)de.

Agricola: Mehr Ställe für das liebe Vieh (kurz: Agricola-MSfdlV) liefert dabei vor allem Eines. Mehr Gebäude. Richtig viel mehr Gebäude. Von diesen werden zu Spielbeginn 4 gezogen und ergänzen beim Aufbau die 4 Gebäude des Basisspiels. Klingt nicht nach besonders viel, ist es auch nicht. Neue Regeln sucht man vergebens und auch die weiteren enthaltenen Pappteile fallen doch eher bescheiden aus und sind aus dem Basisspiel bekannt. Das stört allerdings in keinster Weise. Denn die Auswirkungen der neuen Gebäude könnten vielfältiger kaum sein. Da gibt es Punktelieferanten, bessere Ställe oder Gebäude die den Erwerb von zusätzlichem Vieh oder Rohstoffen ermöglichen. Auch Gratisaktionen, das Verschieben von Hoferweiterungen oder die Möglichkeit, Tiere zu Handeln sind enthalten. Die verschiedenen Optionen sind dabei, gerade auch bei der Interaktion miteinander, fast unbegrenzt. Und die Tatsache, dass man pro Spiel nur 4 der 27 Gebäude verwendet sorgt für langanhaltende Abwechslung und Spielspaß. Anders als mit dem Basisspiel ist nun wirklich jede Partie einzigartig. Wenig überraschend kann ich Agricola-MSfdlV also jedem nur wärmstens empfehlen, der bereits am Basisspiel seine Freude hatte, sich allerdings etwas mehr Abwechslung wünscht. Ob man dabei bereit ist, für ein vergleichsweise kleines und schnelles Spiel in Summe rund 30 Euro zu löhnen, muss aber jeder für sich selbst entscheiden.

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