Sonntag, 25. Januar 2015

Hyperborea



Rundum gelungener Bag-Builder
Einst gab es ein blühendes Reich voller glücklicher Bewohner und technologischem Fortschritt. Frieden lag über dem Land und niemand musste Hunger leiden. Bis zu jenem Tag, an dem die Gier nach Energiekristallen für eine gigantische Katastrophe sorgte. Nur wenige Kolonien in den Randbezirken Hyperboreas überlebten und ringen nun um die Vorherrschaft des neuen Reiches… Viel weniger kreativ sind wohl allenfalls die Hintergrundgeschichten abstrakter Spiele. Schade eigentlich, denn mechanisch bietet Hyperborea (Andrea Chiarvesio und Pierluca Zizzi  / Asmodee) einige neue Ideen.

Denn Hyperborea gehört in den noch recht neuen Bereich der "Bag-Building"-Spiele. 2 bis 6 Spieler lösen dabei Aktionen aus, indem sie farbige Würfel aus einem Beutel ziehen. Dessen Zusammensetzung und damit auch die möglichen Aktionen bestimmen sie über weite Strecken selbst.


Wie funktioniert das mit den Würfeln?
Der zentrale Mechanismus in Hyperborea ist klar der Beutel. Jede Runde zieht der aktive Spieler zufällig 3 Würfel daraus und kann diese nach Belieben auf seine Aktionen verteilen. Anfänglich finden sich im Beutel jedes Spielers noch alle Farben (fast) gleich verteilt, im Laufe des Spiels ist aber eine gewisse Spezialisierung anzuraten.


Was mache ich aber nun mit diesen Würfeln? Jeder Spieler verfügt über ein Tableau mit insgesamt 12 verschiedenen Aktionen. Um eine dieser Aktionen auszulösen, muss ich 2 oder 3 farblich passende Würfel auf die entsprechenden Felder legen. Dabei benötigen etwa Kampfaktionen immer einen roten Würfel, Forschung bedingt mindestens einen blauen Kubus. Dabei müssen nicht alle Würfel zwingend in einer Runde gelegt werden, Ansparen ist durchaus üblich.

Welche Aktionen gibt es?
Sobald alle benötigen Würfel gelegt wurden, wird die Aktion automatisch ausgelöst. Rund die Hälfte davon bezieht sich dabei auf den Spielplan und ermöglicht etwa das Bewegen eigener Einheiten oder das Angreifen mit denselben. Alternativ lassen sich schlicht Siegpunkte generieren oder verbesserte Technologien (Aktionen) erwerben, die Fortan ihrerseits mit Würfeln aktiviert werden können. Als letzte Aktion können wir Entwicklungsfortschritte erzielen. Diese erlauben, den eigenen Würfelvorrat durch Hinzufügen bestimmter Farben zu manipulieren und uns damit langfristig zu spezialisieren. 


Und der Spielplan?
Wie bereits in vorigem Abschnitt zu erkennen, gibt es in Hyperborea natürlich auch einen zentralen Spielplan. Diese kommt ganz klassisch in Form diverser Sechsecke daher und bietet reichlich Raum für Erforschung, Gebietskontrolle und Kampf. Die einzelnen Möglichkeiten sind dabei aber allesamt recht simpel gehalten, nur wenig Terrain schränkt die Bewegung etwas ein. Auch der Kampf ist denkbar einfach, entfernt man mit der passenden Aktion doch schlicht eine gegnerische Figur auf dem eigenen Feld.
Deutlich spannender sind da die Städte und Ruinen. Habe ich ein Feld unter Kontrolle kann ich diese im eigenen Zug jederzeit kostenfrei betreten. Damit ist meine Figur zwar bis zum nächsten Reset blockiert, liefert aber sofort einen zumeist sehr lukrativen Bonus. Während Städte einen Soforteffekt auslösen (etwa Bewegung oder Siegpunkte) kann ich den Effekt von Ruinen (etwa weitere Würfel oder Entwicklungsfortschritte) auch für einen späteren Zug aufbewahren. Dafür werden Ruinen aber auch von Gestern bewacht, die vorab bekämpft werden müssen.

Was ist ein Reset?
Wer bis hierher durchgehalten hat, dem dürfte bereits der Begriff „Reset“ aufgefallen sein. Dieser wird immer dann vollzogen, wenn der Würfelbeutel am Ende der Runde leer ist. Einfach alle genutzten Würfel wieder in den Beutel werfen und wie üblich 3 Neue ziehen. Da dazu der Beutel am Rundenende allerdings vollständig geleert sein muss, kann es schon einmal passieren, dass man in einer Runde nur 1 oder 2 Würfel zur Verfügung hat. Wenig überraschend sollten solche Züge im besten Falle vermieden werden. Bei einem Reset verlassen darüber hinaus auch alle eigenen Spielfiguren die Städte und Ruinen des Spielplans und können deren Effekt so in der Folgerunde wieder auslösen.

Und wann endet das Spiel?
Wann Hyperborea genau endet, kann vorab bestimmt werden. 3 Ziele sind dazu vorgegeben, im normalen Spiel endet eine Partie sobald 2 davon erfüllt sind. Zu den Zielen gehört das Sammeln von Siegpunkten, der Erwerb von Entwicklungskarten oder das Platzieren aller eigenen Figuren auf dem Spielfeld.

Mit dem Spielende stellt sich natürlich die Frage, wer denn nun gewonnen hat. Und das bestimmen, ganz klassisch, die Siegpunkte. Diese gibt es einerseits direkt im Spiel zu erwerben, andererseits aber auch für kontrollierte Gebiete, Technologien oder Aktionswürfel. Obendrein kann sich auch der Kampf gegen Mitspieler lohnen. Punkte gibt es hier aber erst, sobald eine Einheit jedes Mitspielers vernichtet wurde. Eine sehr elegante Methode, um nicht einzelne Spieler zum Ziel werden zu lassen.


Fazit
Wie man der Fülle an Optionen entnehmen kann, richtet sich Hyperborea ganz klar an erfahrene Spieler. Obwohl ich einige Elemente (etwa die grauen Würfel und die völkerspezifischen Sonderfähigkeiten) komplett verschwiegen habe, gibt es einiges zu lernen. Gerade in der ersten Partie ist man schnell erschlagen, so viele Dinge wollen gleichzeitig erledigt werden. Zum Einstieg bietet sich entsprechend eine Kurzpartie an. Hat man die Regel aber einmal verinnerlicht, läuft Hyperborea tatsächlich relativ flott (unter 30 min pro Spieler), es gibt kaum Ausnahmen oder Sonderregeln die nachgeschlagen werden müssen. Die gelungene Verwendung von Piktogrammen tut dabei ihr übriges.

Das es nicht bei einer Partie Hyperborea bleibt, davon ist auszugehen. Das neue Bag-Building fühlt sich frisch und innovativ an, ist dabei aber nur eines der tragenden Elemente. Das Erforschen des jedes Mal neuen Spielplanes, unzählige verschiedene Entwicklungskarten und eine Vielzahl an Fraktionsfähigkeiten tun ihr Übriges, um immer wieder Lust auf eine Partie zu machen. Dabei ist man stets der Schmied des eigenen Glückes. Den Würfelbeutel den eigenen Bedürfnissen anpassen und im richtig bestücken ist für ein erfolgreiches Spiel unabdingbar.

Abzüge gibt es einzig in der Partie zu zweit. Hier kann schon mal früh im Spiel ein Sieger feststehen, wer einmal zurück liegt ist schnell chancenlos. Ab 3 Spielern funktioniert Hyperborea aber reibungslos. Mit seiner gelungenen Mischung aus Strategie und Taktik, dem schönen Material und dem fordernden wie innovativen Spielprinzip gehört Hyperborea für mich bislang zu einem der Highlights der vergangenen Messe.


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