Samstag, 14. November 2020

Aeon's End

Eigentlich versuche ich ja immer, meine Texte halbwegs kurz zu halten. Offensichtlich hatte ich bei Aeon’s End (Kevin Riley / Frosted Games) aber wohl etwas mehr zu erzählen. Entsprechend kürze ich einfach die Einleitung. Also: Fantasy, Kooperativ, Deckbuilder.

 

 

 
 

 

Erzfeinde
Bevor wir auch nur mit dem ersten Zug beginnen dürfen, gibt es bei Aeon‘s End einige Entscheidungen zu treffen. Wir müssen unsere Rissmagier wählen, die allesamt unterschiedliche Fähigkeiten und leicht variable Decks besitzen. Wir müssen uns entscheiden welche Karten, von Kristallen bis hin zu Zaubern, in der Auslage liegen. Und wir müssen uns für einen Erzfeind entscheiden. Denn vier davon befinden sich in der Box und benötigen spezifische Vorgehensweisen, um sie zu besiegen. Dazu müssen wir entweder deren Lebenspunkte oder den Kartenstapel leeren bevor uns oder unserer Festung die Lebenspunkte ausgehen. 

 
Deckbau mit Dreh
Sind all die Entscheidungen getroffen, folgt ein auf den ersten Blick recht klassisches Deckbuilding-Spiel. Unsere fünf Handkarten nutzen wir, um Zauber zu spielen, weitere Karten zu kaufen oder besondere Effekte auszulösen. Ist der Stapel aufgebraucht, folgt aber schon die erste Besonderheit. Denn der Ablagestapel wird nicht gemischt, sondern nur umgedreht, wodurch wir einen gewissen Einfluss auf die Reihenfolge der Karten haben. Die zweite Besonderheit stellen die Zauber selbst dar. Denn diese werden nicht direkt ausgespielt, sondern in Rissen zwischengelagert. Von dort wirken wir sie zu Beginn unserer nächsten Runde. Risse sind gerade zu Beginn allerdings knapp, weitere Plätze müssen erst teuer freigeschaltet werden. Zudem ist auch die Aktivierung unserer besonderen Fähigkeit nicht umsonst, der Verwaltung unserer begrenzten Ressourcen kommt also eine besondere Bedeutung zu.
 
Der Erzfeind wehrt sich
Doch damit enden die Besonderheiten von Aeon’s End nicht. Denn sogar die Zugreihenfolge weicht vom Gewohnten ab. Anstelle einfach nacheinander einen Zug auszuführen, bestimmt ein Reihenfolgedeck wer an den Zug kommt. Vier Spielerkarten und zwei Karten für den Erzfeind sorgen dabei für ein ordentliches Maß an Zufall. Ist der Erzfeind dran, aktiviert er ausliegende Karten und spielt eine neue vom Deck. Dabei kann sofort Ungemach auf die Helden zukommen oder die Karte wandert in die Auslage, wo sie in späteren Runden aktiviert wird. Hier rechtzeitig gegenzusteuern und die Auslage im Griff zu behalten ist für einen Sieg ebenso unerlässlich, wie dem Erzfeind Schaden zuzufügen.

Fazit
Deckbau-Spiele gibt es inzwischen reichlich, da muss man sich etwas einfallen lassen, um aus der Masse herauszustechen. Und Aeon’s End hat ein paar spannende Ideen. Eine davon ist, dass das Kartendeck nie gemischt wird. In der Theorie sorgt das dafür, dass man etwas mehr Kontrolle über die Reihenfolge der eigenen Karten hat. In der Praxis empfand ich es aber eher als störend. Denn es muss sehr genau darauf geachtet werden, wann welche Karte abgeworfen wird. Erst gewirkte Zauber, dann gekaufte Karten, gespielte und nicht verwendete Karten. Das sorgt für überraschend viel Aufwand und zu Beginn auch zu Fehlern. Und am Ende werden die Karten zumeist einfach so abgelegt, dass die besseren Karten früher wieder auftauchen. Echte Kombinationen gibt es schlicht zu wenige. Das ist den gesteigerten Aufwand einfach nicht wert.
 
Auch die zufällige Spielerreihenfolge überzeugt mich nicht komplett. Zwar kommt so extra Spannung auf, gleichzeitig können aber auch die Wartezeiten sehr lang werden. Gerade im Spiel zu viert vergehen zwischen den eigenen Zügen im Extremfall 14 Runden. Entsprechend fand ich auch das Spiel zu zweit am besten. Zuletzt empfand ich auch die Abwechslung bei den Karten als eher gering. In der Theorie sollen wir die Kartenauswahl an den Erzfeind anpassen. In der Praxis ähneln sich viele Karten aber stark und man findet doch schnell eine Wunschzusammenstellung. An der wird dann oft nur noch punktuell etwas geändert. Hier hätte ich mir mehr Abwechslung gewünscht. 

Obwohl mich gerade die neuen Ideen nicht restlos überzeugen, ist Aeon’s End ein gutes Spiel. Und das liegt nicht zuletzt an den vielfältigen Entscheidungen, die es zu treffen gilt. Die meisten Deckbuilder legen ihren Fokus auf darauf, die richtigen Karten zu kaufen. Der Zug selbst bietet aber oft wenig Abwechslung. Anders bei Aeon’s End. Hier stellt uns jeder Zug vor eine Vielzahl von Entscheidungen. Nutzen wir unser Geld für neue Karten oder zur Bündelung von Rissen? Gehen wir den Boss direkt an oder kümmern wir uns erst um ausliegende Karten? Aktivieren wir unsere Sonderfähigkeit oder halten wir sie noch etwas zurück? Und egal wie wir uns entscheiden, irgendetwas bleibt dabei immer auf der Strecke. Diese Dichte an Entscheidungen ist in solchen Spielen selten. Zudem kommt auch ein echtes Gefühl der Kooperation auf, da viele Karten und Effekte auch auf die Mitspieler wirken. Zuletzt bietet Aeon’s End eben doch auch einiges an Abwechslung. Die Auswahl der Karten finde ich zwar sehr überschaubar, aber jeder Rissmagier und jeder Erzfeind verlangt neue Vorgehensweisen und bietet neue Möglichkeiten. Und so stürze mich am Ende eben doch immer wieder gerne in die Schlacht.


 

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