Freitag, 18. Juli 2014

Steam Park

Hecktisches Würfeln trifft strategische Planung
 
Humanoide Roboter sind, das wissen wir aus Funk und Fernsehen, für allerlei Dinge nützlich. Sie schmeißen den Haushalt, gehen mit unseren Hunden Gassi oder Versklaven die Menschheit. Was aber macht ein erschöpfter Roboter nach einem langen Arbeitstag voller Gassi gehen und Leute Versklaven? Das gleiche wie wir: Er geht in einen Vergnügungspark. Und wer kümmert sich darum, dass die Roboter immer die neuesten Attraktionen und frisch gekühltes Motoröl vorfinden? Na klar: Wir.

Solltet ihr euch im Betreiben eines Robo-Parks noch nicht wirklich auskennen ist das kein Problem, geben uns Cranio Creations und der Heidelberger Spieleverlag bei Steam Park (Aureliano Buonfino, Lorenzo Silva, Lorenzo Tucci Sorrentino) doch alles Nötige zur Hand. Baufläche, Fahrgeschäfte, diverse Buden, selbst die Besucher bekommen wir frei Haus geliefert. Zumindest solange unsere Würfel die entsprechenden Symbole zeigen. Und das tun sie nur, wenn wir schnell genug würfeln. Oder zumindest schneller als unsere zeitgleich aktiven Mitspieler.



So viel zu tun…
Das Spielprinzip selbst ist denkbar einfach. In Echtzeit schnappen sich die 2 bis 4 Spieler gleichzeitig ihre Würfel und würfeln wild drauf los. Bin ich mit dem Ergebnis zufrieden, grapsche ich mir eine Zugreihenfolge-Tafel und schau dem munteren Treiben meiner Mitspieler zu. Wer zuerst fertig ist darf als Belohnung in der kommenden Phase früher agieren, wer zu langsam war verdreckt dadurch den eigenen Park und sammelt Schmutzmarker.
Was fange ich aber nun mit den Würfelergebnissen an? Neben dem Bauen der Fahrgeschäfte in 3 Größen und 6 Farben kann ich meinen Park auch durch Hütten erweitern, besondere Aufträge erledigen, oder die Putzkolonne losschicken. Auch das Anlocken der Besucher steht auf dem Programm. Nicht jeder Roboter mag allerdings jede Attraktion. Locke ich etwa einen gelben Roboter an, wird der von meinen blauen und grünen Fahrgeschäften wenig beeindruckt sein und sein Geld lieber in eine Ölkur investieren. Um diesem Problem zu begegnen, kann ich meine Gelände ja um ein gelbes Riesenrad erweitern. Oder ich baue eine Touristeninformation mit den entsprechenden Hüttenwürfeln. Oder ich manipuliere den Zufall, auf das mehr blaue Figuren kommen. Oder, oder, oder.

…und so wenig Zeit.
Für gerade einmal 6 verschiedene Würfelsymbole sind die Optionen bei Steam Park überraschend umfangreich. Alleine von den 6 unterschiedlichen Hütten (vom Klohaus bis zum Casino) möchte man eigentlich jede mindestens 2 mal haben, liefern diese doch alle nützliche Boni (vom Manipulieren der Würfel bis hin zur effektiveren Reinigung des Parks). Auch bei den Attraktionen will eigentlich jede Farbe vertreten sein. Dann aber am besten gleich die große Achterbahn, bietet diese doch mehr Besuchern Platz als ihr kleines Gegenstück. Und Besucher liefern Geld, was wir schließlich zum Spielsieg benötigen. Als wäre all das nicht schon Chaos genug, können wir ganz nebenbei auch noch Aufträge erledigen (etwa eine bestimmte Anzahl farblich passender Besucher oder Attraktionen) welche ein nettes Zubrot liefern. Und Schmutz machen die Gäste auch, was am Spielende mit ordentlichen Minuspunkten bestraft wird. Es ist wie in jedem Vergnügungspark. So viel zu tun und so wenig Zeit. 


Fazit
Steam Park besteht gefühlt aus 2 (mehr oder weniger) eigenständigen Spielen. Einerseits die zumeist recht hecktische und nur bedingt planbare Würfelphase, andererseits den durchaus strategischen Teil des Parkausbaus. Diese Mischung macht eigentlich den Reiz aus, wirkt aber auch auf einige Spieler abschreckend. Ich bin mir selbst noch immer nicht zur Gänze sicher, was ich davon halten soll. Der strategische Teil spricht mich durchaus an, ist fordernd und reizvoll. Gleichzeitig fehlt hier aber jeder Mehrwert zu existierenden Spielen. Das Würfeln dagegen macht zwar durchaus Spaß, kann aber auch sehr frustrierend sein. Es wirkt stellenweise aufgesetzt und kann (bei schlechten Würfen) die eigene Strategie vollständig konterkarieren. Möglicherweise ist das bewusst so gehalten, da sich Steam Park eher an Familienspieler richtet und ein gewisser Glücksanteil dabei sicherlich nicht schadet. Für diese Zielgruppe kommt mir aber das Thema etwas zu durchgeknallt vor. Entsprechend hinterlässt Steam Park bei mir ein zwiespältiges Gefühl. Unterhaltsame Partien, frustriertes Kopfschütteln, grölendes Gelachter und irritierte Blicke. Die Reaktionen meiner Mitspieler könnten unterschiedlicher kaum sein. Es bleibt der Eindruck zu viel gewollt zu haben.
 


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