Mittwoch, 10. April 2013

McMulti

Von Rohöl und depressiven Märkten
Mein Blog existiert bislang gerade einmal 10 Tage und schon muss ich hier mein erstes Vergehen einräumen. Auch ich bin der Versuchung frei nach dem Motto „höher, schneller, weiter“ erlegen. Noch bevor die erste Review gepostet war, standen bereits unmittelbar unter der Überschrift die Worte „Neuheiten, Oldies und Klassiker“. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich kaum ahnen, dass sich mehr als ein Leser auf meine Seite verirren würde. Dummerweise hat nun genau jener eine Leser in seinem Blog (Spielerleben) freundlich darauf hingewiesen (vielen Dank für die „Werbung“), dass ich, entgegen der eigenen Aussage, bislang nur Neuheiten vorstelle. Da meine Zeit (und damit die Menge der möglichen Blogeinträge) allerdings stark begrenzt ist, muss schnellsten eine kreative Lösung her. Entsprechend präsentiere ich im Folgenden ein Spiel, welches sowohl neu (Neuauflage von Pegasus Ende 2012), ein Oldie (Erstveröffentlichung: 1974) als auch ein Klassiker (begehrtes Kultspiel seit der Erstauflage mit horrenden Ebay-Preisen) ist. Somit kann ich mit nur einer Review meiner Hybris ein Schnippchen schlagen und meinen eigenen Worten Taten folgen lassen. Tja Martin, das hast du jetzt davon.

In McMulti, von James St. Laurent, versucht ihr als Vorsitzender eurer eigenen Ölgesellschaft genau das, was man als Vorsitzender eben so macht. Ihr scheffelt Geld. Und davon möglichst viel. Vom Bohrturm, über den Handel am Weltmarkt bis zum Verkauf an der eigenen Tankstelle stehen euch dazu alle Möglichkeiten offen. Derjenige der 2 – 4 Spieler, der sich am Schluss als tüchtigster Geschäftsmann erwiesen hat, wird zum Sieger gekürt.

 
Bohrturm
McMulti ist im Kern ein recht einfaches Spiel. Die Runde eines jeden Spielers ist in 5 Phasen unterteilt, die man der Reihe nach durchspielt. Zu diesen gehören der Handel am Markt, das aktivieren der Anlagen mittels Würfeln (oha, das böse Wort), sowie Kauf und Verkauf der eigenen Anlagen. Der Handel mit Rohöl und Benzin am In- und Auslandsmarkt folgt dabei bekannten Mustern. Günstige Produkte kaufen und nach einem Preisanstieg teuer verhökern lockt kaum noch einen Spieler hinterm Ofen vor.
Deutlich ungewohnter spielt sich dagegen die sogenannte Würfelphase, in der wir unsere eigenen Anlagen aktivieren. Hierzu sei angemerkt dass jedes unserer gekauften Bauwerke (etwa Bohrturm, Raffinerie oder Tankstelle) auf einem eigenen, 6 mal 6 Felder großen Plan platziert wird. In der Würfelphase werden nun 2 Würfel geworfen und alle Gebäude aktiviert, die in der Zeile oder Spalte des Wurfergebnisses liegen (wobei auch Doppelaktivierungen möglich sind). Produziert eine Ölquelle etwa Rohöl, erlaubt eine Tankstelle den Verkauf von Benzin am Verbrauchermarkt. Im Anschluss an unsere Produktion wird jedem unserer direkt benachbarten Mitspieler ebenfalls einer unserer Würfel zugewiesen und dieser darf die entsprechende Reihe aktivieren. So wird sichergestellt, dass jeder Spieler auch dann involviert ist, wenn er gar nicht am Zug ist.


Ölquelle
Sieht man vom anschließenden Kauf neuer Anlagen ab, wurden die Möglichkeiten der Spieler in den obigen Absätzen bereits größtenteils dargestellt. Des Weiteren sollten allerdings die im Spielverlauf regelmäßig auftretenden Ereignisse, sowie die sich ständig ändernde Marktlage berücksichtigt werden. Alle paar Runden (bestimmt über die Würfel) kommt es dabei zu einer Verschiebung der aktuellen Situation am Markt. Von Depression zu Euphorie ist fast alles möglich. Die Wechsel geschehen dabei kontinuierlich, größere Sprünge sind eher unwahrscheinlich. Die aktuelle Marktlage bestimmt dabei sowohl die Nachfrage am Verbrauchermarkt, als auch den Ein- und Verkaufspreis der Anlagen. Mit Geschickten Käufen lässt sich hier viel Geld verdienen. Zusätzlich treten immer wieder im Spielverlauf (sprich: bei einem 1er-, 3er- oder 6er-Pasch) Ereignisse in Kraft. Diese kosten in den meisten Fällen Geld in Abhängigkeit der eigenen Besitztümer. Welche Ereignisse dabei in Kraft treten können ist schon vorab bekannt. Entsprechend sollte man bereits zuvor eigene Geldreserven bilden und sich bestmöglich auf das kommende vorbereiten.

Raffinerie
Wie man dem obigen Text entnehmen kann, ist McMulti durchaus komplex, ohne dabei kompliziert zu sein. Die Möglichkeiten im eigenen Zug sind durchaus limitiert, es gibt allerdings viele Dinge die der ständigen Beobachtung bedürfen. Für ein Spiel das vor über 35 Jahren veröffentlicht wurde, ist all das durchaus bemerkenswert. Es überrascht entsprechend auch nicht, dass die deutsche Erstauflage damals als heißer Kandidat für den Titel „Spiel des Jahres“ gehandelt wurde. Die Frage die sich hier stellt ist allerdings nicht, wie gut das Spiel vor 20 oder 30 Jahren war. Die Frage ist vielmehr ob es sich auch heute noch behaupten kann. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich dies nicht allgemeingültig beantworten kann oder will. Für mein Empfinden allerdings, merkt man McMulti die Jahre leider durchaus an.
Die Verwendung von Würfeln ist in den letzten Monaten wieder zunehmend moderner geworden. Ob Bora Bora, Brügge oder Trojes, überall sind Würfel wichtiger Spielbestandteil ohne dass sie die Strategie zwingend vorgeben. Anders bei McMulti. Würfelt man hier nicht die passende Zahl fällt die Produktion schlicht flach. Man versucht dabei natürlich den Aufbau anzupassen, aber selbst bei optimalem Spiel bekommt man häufig nicht was man braucht. Besonders deutlich wird dies beim Erwerb neuer Ölquellen. Um diese aufs Brett bringen zu dürfen muss am Schnittpunkt beider Würfel ein Bohrturm stehen. Dies kann bereits in der ersten Runde geschehen oder auch nach 20 Würfeln noch auf sich warten lassen.


Tankstelle
Auch die Aktionskarten können extrem unangenehme Formen annehmen. Ja, man weiß (grob) welche Karten kommen. Man weiß auch dass diese bei (im Schnitt) jedem zweiten Pasch auftauchen. Ob dabei allerdings innerhalb von 4 Runden 3-mal ein Pasch gewürfelt wird, oder über 30 Runden kein einziger, das ist alleine Glückssache. Erlebt man einmal mit, dass nach über einer Stunde Spielzeit 3 negative Auswirkungen in kurzer Folge die eigenen und gegnerischen Besitztümer unter das Anfangsniveau drücken, verliert man schnell die Lust am weiterspielen. Auch wenn ich mich zunehmend mit einem gewissen Glücksanteil in Spielen anfreunde, bei einem Spiel dessen Spielzeit gut und gerne 3 Stunden erreichen kann, sollte dieser nicht so sehr ins Gewicht fallen. Insgesamt kann ich durchaus nachvollziehen, warum McMulti einen solchen Ruf als Kultspiel genießt. Läuft eine Partie Rund und sind einem die Würfel hold, kann einiges an Spaß aufkommen. Man fühlt sich in diesen Momenten zurückversetzt in die Zeit, als man stundenlang Monopoly spielen und dabei Spaß haben konnte. Andererseits gibt es heutzutage so viele Spiele, bei denen mir jede Partie Spaß macht, dass ich nicht weiß warum stattdessen McMulti spiele sollte. Dementsprechend finden hier vor allem diejenigen ein gutes Spiel, die gerne in Nostalgie und den spielerischen Erinnerungen an die eigene Kindheit schwelgen wollen.

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