Samstag, 18. Mai 2013

Tzolk'in Der Maya-Kalender

Elegant verzahnt
Das habe ich jetzt davon, dass ich so lange gewartet habe um meinem eigenen Blog zu eröffnen. Nicht nur, dass die vorgestellten Spiele schon in gefühlten 142 anderen Beiträgen diskutiert wurden. Nein, auch die besten Einleitungen sind schon vergeben. Dabei ließ sich doch Ende des vergangenen Jahres so viel über Maja-Kalender und Weltuntergang schreiben. Fast kein erfolgreicher Rezensent von Format konnte sich zu dieser Zeit einen kleinen Seitenhieb auf die bevorstehende Katastrophe verkneifen. Da ich aber weder erfolgreich noch von Format bin, werde ich genau dies tun und an dieser Stelle die Einleitung beenden. Punkt.

Tzolk’in (Daniele Tascini und Simone Luciani / Heidelberger Spieleverlag, CGE) ist im Kern ein klassisches Worker-Placement-Spiel. 2 bis 4 Spieler verwenden ihre Handlanger um in rund 90 Minuten Rohstoffe zu erwerben und Technologien zu erforschen, zum Bau von Gebäuden oder um den Göttern Opfer darzureichen. Dabei werden die Aktionen stärker, je länger die Arbeiter auf Zahnrädern ausharren.


Rohstoffe sammeln in Taxchilan
Schon der erste Blick auf das Spielfeld von Tzolk’in reicht aus um festzustellen, dass es eben doch nicht „nur“ die gewohnten Mechanismen enthält. Denn dieses wird dominiert von 6 Zahnrädern, 5 davon mit Aussparungen für unsere Arbeiter. Um die Zahnräder herum reihen sich in gewohnter Manier Felder die uns bei Aktivierung Rohstoffe oder Aktionen offerieren. Wer nun einen seiner Arbeiter schlicht auf ein entsprechendes Aktionsfeld setzen möchte, wird schnell mit der rauen Wirklichkeit konfrontiert. Denn bei Tzolk’in platzieren wir unsere fleißigen Helfer auf Zahnrädern. Genauer gesagt können wir jede Runde beliebig viele Arbeiter auf die ersten freien Felder der Zahnräder verteilen, oder sie von bereits erreichten Positionen entfernen. Das platzieren kostet Nahrung, das Entfernen liefert Rohstoffe oder Aktionen. Die Möglichkeiten werden dabei interessanter und lukrativer, je länger der Arbeiter ausharrt. Denn zum Ende jeder Runde werden die Zahnräder gedreht und bewegen damit alle Arbeiter um ein Aktionsfeld nach vorne. Es gilt also ständig zwischen dem kleineren Erwerb jetzt, oder dem größeren in einer kommenden Runde abzuwägen.
Kunterbunt in Tikal und Uxmal
Die möglichen Aktionsfelder, die sich elegant um die Zahnräder schmiegen, erinnern dabei größtenteils an vergleichbare Spiele. So offerieren zwei Zahnräder etwa schlicht Nahrung, Baustoffe und Kristallschädel. Ebenjene stellen eine beliebte Opfergabe an die Götter dar, wofür sich der dritte Rundkurs verantwortlich zeigt. Die beiden anderen Zahnräder erinnern ein wenig an die Krabbelkiste vom Flohmarkt in der alles gesammelt wird, was andernorts keinen Platz gefunden hat. So tummeln sich hier in einträchtiger Harmonie Felder die den Bau von Gebäuden und Monumenten erlauben, Fortschritte in der Technologie, den Tausch von Rohstoffen oder auch den Erwerb zusätzlicher Arbeiter.
Vervollständigt wird der Spielplan durch drei Tempel die das aktuelle Ansehen bei den Göttern angeben, sowie Technologiefeldern die, einmal erforscht, spezielle Boni bei verschiedenen Aktionen liefern. Zuletzt liegen noch einige Gebäude und Monumente aus die nach dem Erbauen Soforteffekte, Siegpunkte oder langfristige Boni versprechen.

 

Den Göttern huldigen in Chitchen Itza
Die ersten Partien Tzolk’in sind nicht leicht. Die Vielzahl der Möglichkeiten überfordert selbst erfahrene Spieler schnell, die Zahnräder liefern eine gänzlich unbekannte Komponente. Versuche sich auf eine Spielweise zu konzentrieren werden immer wieder durch lukrative Angebote am Rand des Weges torpediert. Dieses eine Gebäude da…und noch die eine Stufe im Tempel…oder das Monument. Viele Optionen, viele Kleinigkeiten erschweren Einstieg und Spielverlauf. Immer will man mehr erreichen als schlussendlich möglich. Auch der Umgang mit den eigenen Arbeitern will ganz neu gelernt sein, muss ich doch in jeder Runde zwingend mindestens einen davon einsetzen oder entfernen. Dies kann mitunter, gerade bei fehlerhafter Planung, zu unfreiwillig suboptimalen Zügen führen und die eigenen Pläne über den Haufen werfen.

Und gerade darum macht Tzolk’in so viel Spaß. Die möglichen Strategien scheinen fast unendlich, jeder Runde bieten sich dutzende von Entscheidungen. Selbst wenn ich mich auf ein Ziel festgelegt habe, ist dieses wiederum auf vielen verschiedenen Wegen zu erreichen. Sammle ich Kristallschädel direkt über das entsprechende Zahnrad, oder erforsche ich lieber zuerst die passende Technologie? Am besten gleich einen der knappen Arbeiter über mehrere Runden auf dem Opferrad platzieren oder doch erst für mehr Personal sorgen? Mehr Arbeiter benötigen allerdings auch mehr zusätzliche Nahrung um Punktverluste aufgrund einer Hungersnot zu vermeiden. Dafür baue ich am besten dieses Gebäude da… und schon ist von meiner anfänglichen Strategie nicht mehr viel übrig. Darüber hinaus gestaltet sich jede Runde (nicht zuletzt dank unterschiedlicher Gebäude und Startressourcen) anders, immer gibt es neues zu entdecken, das eigene Spiel zu optimieren und neue Strategien zu testen. Kurzum Tzolk’in bringt viel frischen Wind in ein Genre, bei dem man eigentlich glaubte alles bereits zu kennen. Für mich eines der Highlights der Spielemesse 2012.

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