Dienstag, 8. November 2016

Agricola Familienspiel



Na, blickt ihr noch durch? Blickt ihr noch durch bei all den Varianten, Erweiterungen und zusätzlichen Karten für Agricola? Also ich nicht. Das inzwischen rund 10 Jahre alte Strategiespiele gehört zu den wohl erfolgreichsten Werken seiner Art und entsprechend viele Zusatzelemente wurden im Laufe der Jahre veröffentlicht. Doch nun ist Rettung in Sicht. Denn inzwischen haben Uwe Rosenberg und Lookout Spiele 2 neue Versionen ihres Klassikers veröffentlicht. Eines davon das neue Agricola-Familienspiel, das (zumindest vorerst) noch ganz ohne Erweiterungen auskommt. Und auch Karten sucht ihr hier vergebens.

Abgesehen von den fehlenden Karten erinnert aber auch das Familienspiel stark an den Klassiker. Ihr nutzt also auch weiterhin eure Arbeiter um auf Aktionsfeldern Rohstoffe zu sammeln und damit euren Hof auszubauen.
 

Unser Hof
Wie von Agricola bereits gewohnt, starten wir auch in der Familienedition mit nicht viel mehr als 2 kleinen Zimmern in denen unserer Familienmitglieder untergebracht sind. Daraus im Laufe der Partie einen florierenden Hof zu errichten ist unsere Aufgabe. Alle Äcker, Felder oder Gebäude liegen dabei in Form von Plättchen vor, die wir frei an unser Startgebäude anbauen. Eine Vorgabe gibt es dabei nicht, der aus dem ursprünglichen Werk bekannte Hofplan wurde ersatzlos gestrichen. Weiterhin enthalten sind dagegen natürlich allerlei Nutztiere, Getreide für die Felder und auch eine überschaubare Zahl nützlicher Anschaffungen.


Die Auslage
Bis unser Hof aber tatsächlich floriert, ist ein steiniger Weg zu gehen. Denn zu Beginn stehen uns gerade einmal 2 Familienmitglieder zur Verfügung, die verschiedenste Aufgaben übernehmen können. Diese werden allesamt als Aktionsfelder auf dem zentralen Plan angezeigt und erlauben uns üblicherweise das Einsammeln von Rohstoffen oder den Erwerb verschiedenster Hofausbauten. So können wir etwa auf einem Feld Holz einsammeln, welches auf einem zweiten gegen eine Weide getauscht wird, welche wir dann wiederrum mit Schafen bestücken. Wichtig bei den Aktionen ist dabei insbesondere das Timing. Denn jedes Feld kann jeweils nur von einem Arbeiter besetzt werden und auf einigen davon sammeln sich die Rohstoffe Runde für Runde an. Nicht selten entscheidet die Zugreihenfolge hier, wer bergeweise Baumaterial einsammelt und wer mit einem kleinen Häufchen nach Hause trottet. Obendrein bekommt man auf einige Felder erst nach und nach Zugriff. Und wer hier zuerst kommt...


Erntezeit
Während die Anfangsphase häufig von Mühsal und Entbehrung geprägt ist, trägt sich ein gut strukturierter Hof irgendwann fast von selbst. Denn in regelmäßigen Abständen kommt es zur Ernte. Bepflanzte Felder werfen nun Ertrag ab und Tiere bekommen Nachwuchs. Leider will nun aber auch unsere Familie ernährt werden, die zu diesem Zeitpunkt häufig schon etwas gewachsen ist. Gut beraten ist, wer bereits vorab eine Kochstelle errichtet hat, um Tiere oder Getreide in Nahrung umzuwandeln. Denn wenn die Verpflegung erst einmal sichergestellt ist, kann man sich um die Siegpunkte kümmern, die einmal mehr über den besten Farmer entscheiden. Und diese gibt es eigentlich für fast alles. Ob Familienmitglied, Tier, Getreide, Hofplättchen oder Stall, überall winken einige Punkte. Besondere Hoferweiterungen versprechen sogar eine größere Ausbeute, wenn man verschiedene Bedingungen (etwa überschüssiges Lehm) vorweist.



Fazit
Agricola ist ein herausragendes Spiel, das dürfte eigentlich außer Frage stehen. Und da ist es nur Folgerichtig, dass der Verlag nach einigen Jahren mit einer Neuauflage punkten will. „Experten“ und „Familienspieler“ hier getrennt anzusprechen halte ich durchaus für eine gute Idee. Und mit dem Verzicht auf die Karten wurde die Komplexität tatsächlich spürbar gesenkt. Ob es sich nun aber um ein Familienspiel handelt, das wage ich zu bezweifeln. Denn die Regeln sind nach wie vor umfangreich, die Optionen mannigfaltig. Und der Spielverlauf selbst ist stellenweise sogar fast noch unnachgiebiger als im Original. Und dennoch ist und bleibt Agricola ein besonderes Spiel. Der Bau eines Hofes fesselt nach wie vor, das Material ist erstklassig und der Verlauf flott und eingängig. Während sich die ersten Partien im Wesentlichen um das Ernähren der eigenen Familie drehen dürften, steigt mit jeder Runde der Anspruch. Und so stürzen wir uns immer wieder kopfüber in die Hofarbeit, stets bemüht das Beste aus den Möglichkeiten zu machen.

Erfahrene Spieler werden wohl allerdings einige Optionen vermissen. So bringt inzwischen eigentlich alles gleich viele Punkte, es ist fast egal was man macht. Das breite Streuen des Originals um Minuspunkte zu vermeiden entfällt damit. Schade fand ich auch, dass die Reihenfolge der zusätzlichen Aktionen stets gleich ist. Dadurch fehlt es dem Spiel etwas an Variation. In der vorliegenden Form ist der Aufbau immer identisch und der Verlauf damit deutlich planbarer.

Allerdings spricht hier ganz klar der erfahrene Agricola-Spieler aus mir. Denn Agricola-Neulinge dürften auch an der Familienversion reichlich Spaß haben. 



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