Montag, 25. Januar 2016

Mysterium



Vor mehr als einem Jahr spielte ich erstmals Tajemnicze Domostwo und war nach gerade einmal zwei Partien hellauf begeistert. Kaufen wollte ich mir das Spiel allerdings nicht, bevorzuge ich doch wenn möglich die deutsche Version. Hätte ich damals geahnt wie lange die Veröffentlichung hierzulande dauern würde, hätte ich mir das vielleicht anders überlegt. Aber Asmodee war in dieser Zeit keinesfalls untätig und hat umfangreiche Überarbeitungen an Material und Regeln vorgenommen. Umso gespannter war ich, ob Mysterium (Oleksandr Nevskiy und Oleg Sidorenko), die finale Version, meinen hohen Erwartungen standhalten kann.

Trotz einiger Änderungen wurde das Grundprinzip natürlich beibehalten. Auch in der deutschen Version versuchen wir gemeinsam, den gewaltsamen Tod einer einsamen Spuckgestalt aufzuklären. Erschwert wird dies dadurch, dass der Geist sich nur mittels Traumkarten ausdrücken kann.


Eine gequälte Seele
Bevor eine Partie Mysterium beginnt, müssen die Spieler zuerst einmal einen Schock verdauen. Denn einer von Ihnen hat das Zeitliche gesegnet. Und das schon vor vielen, vielen Jahren. Und seitdem findet seine Seele keine Ruhe. Welch Glück also, dass die übrigen Spieler durchaus begabte Medien sind und die Nachrichten der Spukgestalt empfangen können. Zumindest mehr oder weniger. Denn wer nur über Träume kommunizieren kann, dem fällt eine genaue Formulierung naturgemäß schwer.


Verwirrende Träume
Um Ruhe zu finden, müssen sowohl Person, Ort als auch Tatwaffe identifiziert werden. Mehrere davon liegen zu Spielbeginn in der Tischmitte aus, nur dem Geist ist bekannt welche der Karten zu welchem Spieler gehören. Denn jedes Medium jagt an dieser Stelle ein unterschiedliches Set aus drei Karten. Um Informationen weiterzugeben, darf der Geist in jeder Runde mehrere Traumkarten an jeden Spieler weitergeben, welche auf die gewünschte Karte hinweisen sollten. Begonnen wird dabei mit der Person, bei Erfolg geht es weiter zum Ort und danach zur Waffe.

Die Erlösung
Wichtig ist dabei in erster Linie das korrekte deuten der Traumkarten. Dabei können etwa darauf abgebildete Objekte ein Hinweis sein, die Farbgebung oder schlicht die Gefühle beim Blick auf die Karte. Ein gewisses Maß an Einfühlungsvermögen sowie eine Vertrautheit der Spieler können dabei enorm hilfreich sein. Denn um zu gewinnen, müssen alle Spieler ihre Kombination innerhalb eines festen Zeitlimits herausfinden. Und obendrein muss am Ende noch erraten werden, welcher Spiele nun tatsächlich den korrekten Täter nebsi Waffe und Ort ermittelt hat. Denn auch wenn der Geist die meiste Zeit doch recht verwirrt erscheint, kann seine Seele nur so erlöst werden


Hellsicht
Bis zu diesem Zeitpunkt deckt sich die deutsche Version mit dem Original. Asmodee hat allerdings (neben deutlichen Verbesserungen am Material) einen weiteren Spielaspekt hinzugefügt. Die Hellsicht. Im ursprünglichen Spiel steht das Ermitteln der eigenen Kartenkombination im Vordergrund, anderen Spielern steht man „nur“ beratend zur Seite.  Mit der Hellsicht dürfen die Mystiker nun auch jede Runde Tipps abgeben, ob die Mitspieler auf die richtige Karte gesetzt haben oder nicht. Ist meine Annahme richtig, bekomme ich dafür Hellsichtpunkte. Diese benötige ich, um in der finalen Raterunde (welches der Sets das richtige ist) möglichst viele der Hinweise ansehen zu dürfen. Habe ich zuvor als Hellseher einen schlechten Job gemacht, darf ich in der finalen Runde eventuell nur eine Karte betrachten. Und ein Spielsieg ist auf diesem Wege natürlich deutlich erschwert.


Fazit
Über ein Jahr habe ich nach meiner ersten Partie auf Mysterium gewartet und musste mich zusammenreisen, nicht doch das Original zu kaufen. Da stellt sich doch die Frage: Hat sich die Warterei gelohnt? Und hier kann ich guten Gewissens mit ja antworten, auch wenn einige Abstriche zu machen sind. Nach wie vor begeistert das Prinzip des kooperativen Bilderratens mich und meine Mitspieler, die Gedankengänge und Tipps zu erfassen ist ebenso unterhaltsam wie das Aussuchen passender Karten. Klar dass das Spiel dabei eher für unterhaltsame und gemeinsame Stunden gedacht ist, Strategen kommen hier nicht zum Zug. Auch das Material ist rundum gelungen, Asmodee hat sich viele Gedanken gemacht und Verbesserungen gegenüber dem Original implementiert.

Doch wie gesagt, einige Abstriche sind leider auch zu machen. Das Original kranke etwas an Leerlaufphasen bei größerer Spielerzahl. Nicht selten muss der Geist etwas länger Grübeln, die Mystiker sitzen dabei häufig tatenlos herum. Die Hellsichtregel steuert diesem etwas entgegen, ist man doch auch beim Mitspieler stärker involviert. Leider ist dies aber auch der einzige Vorteil des neuen Elements, das eigentlich keinen meiner Mitspieler überzeugen konnte. Einerseits lässt es zu viele Ausnutzungen der Regeln zu, etwa indem ein Spieler bewusst falsch Tippt um Mitspielern Hellsichtpunkte zu ermöglichen. Andererseits zwingen die Hellsichtpunkte dazu, dass in der finalen Runde nicht diskutiert wird (da jeder nur einige Karten sieht). Dies passt nicht zum sonstigen Spiel und steht auch dem kooperativen Gedanken entgegen.

Nach einigen Partien kann auch die Tatsache zum Problem werden, dass die Karten irgendwann alle bekannt sind und die Mitspieler zunehmend Traumkarten mit Personen, Orten oder Waffen verknüpfen. Zumindest hier dürfte in den kommenden Monaten aber Abhilfe geschaffen werden, eine Erweiterung ist bereits angekündigt.

So, nun könnte man glauben, dass ich von Mysterium doch eher enttäuscht war. Doch nichts läge ferner von der Wahrheit. Zugegeben, mit den Hellsichtmarkern spielen wir in meinen Gruppen eigentlich so gut wie nicht mehr. Das Material ermöglicht allerdings auch problemlos mit den Originalregeln zu spielen. Und genau dies machen wir seit einigen Monaten fast regelmäßig, Mysterium kommt einfach in jeder Gruppe und mit jeder Spielerzahl hervorragend an. Insgesamt also trotz der Kritikpunkte eine klare Empfehlung.


3 Kommentare:

  1. Das war schon häufiger zu lesen, dass die Originalregeln bevorzugt werden. Wer weiß, wo und wie man sie leicht und auf Deutsch bekommen kann?

    AntwortenLöschen
  2. Mir ist leider keine deutsche Version der Originalregeln bekannt. Aber eine inoffizielle Ausgabe der englischen Regeln kannst du unter folgendem Link finden:
    https://boardgamegeek.com/filepage/110627/english-rules-tajemnicze-domostwo-mysterium-portal

    AntwortenLöschen
  3. Danke! Endlich habe ich eine grobe Vorstellung davon, was mich bei Mysterium erwarten würde. Hab's schon mehrfach in der Hand gehabt, aber noch nie genauer angeguckt.
    Aber vielleicht wird sich das dann ja bald ändern :)

    AntwortenLöschen