Donnerstag, 22. Juni 2017

Inis



Ich muss ja zugeben, dass mein erster Eindruck beim Blick auf Inis (Christian Martinez / Pegasus) nicht gerade positiv war. Die Grafik auf der Box finde ich persönlich alles andere als hübsch (man beachte die sehr diplomatische Formulierung) und wenig verlockend. Umso überraschter war ich, dass genau der gleiche Stil auf den Karten deutlich besser zur Geltung kommt. Und auch das sonstige Material macht Lust auf eine Partie.

Aber genug darüber. Spannender ist doch, was bei Inis passiert. Und das ist eine ganze Menge. Denn obwohl die vorgegebenen Ziele klar und einfach sind, entbrennt doch schnell ein wildes Gerangel um noch so kleine Vorteile auf dem Plan.


Unsere Aufgaben
Einmal mehr machen wir uns bei Inis daran, den Häuptlingsthron (diesmal den der Kelten) für uns zu beanspruchen. Und das machen wir am besten, indem wir eine von drei Siegbedingungen erfüllen und bis zum Ende der Runde verteidigen. Üblicherweise bedeutet dies entweder in Gebieten mit 6 Kultstädten vertreten zu sein, eigene Truppen in 6 Gebieten zu haben oder 6 gegnerische Clans mit eigenen Truppen zu kontrollieren. Anfänglich sind die Chancen dafür noch recht überschaubar, gibt die Auslage doch gar nicht genug Gebiete oder Gebäude her. Im Laufe der Partie wächst das Reich aber zusehends und erhaltene Auszeichnungen erleichtern das Erfüllen der Vorgaben.


Unsere Möglichkeiten
Um unser Ziel zu erreichen, stehen uns jede Runde Aktionskarten zur Verfügung, die unter den Spielern gedraftet werden. Man bekommt also einige Karten auf die Hand, wählt eine davon und gibt den Rest weiter. Sobald auf diesem Weg alle Karten verteilt wurden, beginnt die Runde. Nun spielen wir nacheinander je eine der Karten aus. Die meisten davon ermöglichen Aktionen, die wir in solcher oder ähnlicher Form schon kennen. Wir können Truppen ausheben, bewegen und in den Kampf schicken, Städte errichten oder neue Spielplanteile entdecken. Darüber hinaus gibt es auch noch einige besondere Karten, die etwa Effekte der Gegenspieler unterbinden oder im Kampf helfen. Zuletzt können wir auch noch Heldenkarten sammeln. Diese ähneln den normalen Aktionskarten, werden aber bei Nichtbenutzung behalten und können zusätzlich ausgespielt werden.

Unsere Kämpfe
Auch wenn Inis theoretisch quasi ohne Kampf gespielt werden kann, kommt es früher oder später doch stets zu einem solchen. Und zwar dann, wenn man in ein Gebiet mit gegnerischen Truppen zieht. Zumindest sofern sich die beteiligten Parteien nicht auf einen Waffenstillstand einigen und einfach in dem Gebiet koexistieren. Sollte kein friedliches Nebeneinander möglich sein, werden schlicht abwechselnd Einheiten entfernt, bis nur noch eine Seite übrig ist. Alternativ kann man auch eine Aktionskarte abwerfen, wodurch die Figur gerettet wird. Zugleich schränkt dies aber auch die Zahl der eigenen Aktionen in diesem Zug ein und will dementsprechend wohlüberlegt sein. Dazu kommen noch einige Sondereffekte auf den Karten sowie Städte als Schutz für Verteidiger und schon bieten die Kämpfe einige Überraschungen. Und ganz ohne werden wir nicht auskommen, wollen wir in Inis zum Häuptling gekrönt werden.


Fazit
Über die Gestaltung von Inis habe ich ja bereits in der Einleitung einige Worte verloren. Dennoch will ich auch hier noch einmal erwähnen, dass das Material von Inis schlicht einiges hermacht. Die hübschen Grafiken, toll verzahnte Geländeteile und individuelle Truppen wissen zu gefallen. Über kleinere Macken (die Basis der Figuren passt nicht wirklich in die Städte) sieht man da gerne hinweg. Auch die Regeln überzeugen eigentlich, sind einerseits schlicht und bieten dennoch einiges an Tiefe. Was hier aus (im Wesentlichen) gerade einmal 17 verschiedenen Aktionskarten herausgeholt wurde, das ist aller Ehren wert. Der grundlegende Spielverlauf ist entsprechend schnell verstanden. Um wirklich konkurrenzfähig zu spielen, sollte man aber alle Karten, deren Wirkung und Verteilung kennen. Das benötigt naturgemäß die eine oder andere Partie. Darüber hinaus kommt bei Inis eigentlich kein Leerlauf auf. Die einzelnen Aktionen sind schnell erledigt und durch die hohe Interaktion ist man fast überall mehr oder weniger stark involviert.

Warum also, werde ich mit Inis absolut nicht warm? Nun, zum einen ist Inis ein gemeines Spiel. Der ständige Kampf gegeneinander, das Ringen um Vorteile und das gegenseitige Sabotieren stehen im Vordergrund. Das Alleine ist aber gar nicht dramatisch, kann sogar vielmehr für ein enorm spannendes Spiel sorgen. Problematisch bei Inis ist vielmehr das Spielende. Denn da jeder sehen kann, wer bereits wie nahe am Ziel ist, wird stets mit aller Kraft auf den Führenden geprügelt. Verschärft wird das noch dadurch, dass der Führende sogar ansagen muss, dass er in dieser Runde gewinnt. Das Resultat ist zumeist klar. Wer führt bekommt von allen Seiten eine aufs Dach bis er am Boden liegt und von Vorne anfängt. Dieses Prozedere ist (fast) beliebig lange wiederholbar. Zwar kommen immer mehr Gebiete und Auszeichnungen ins Spiel die den Sieg vereinfachen. Gerade in größeren Gruppen geschieht dies aber viel zu langsam. Entsprechend lange kann das Ende auf sich warten lassen, der Verlauf dahin ist üblicherweise geprägt von Frustmomenten kurz vor dem Ziel zu scheitern.
 
Inis wird mit Sicherheit seine Fans finden. Für mich überwiegen aber die Frustmomente, gerade wenn eine Partie mal wieder ewig dauert.


1 Kommentar:

  1. Hallo Tim,
    Dein Fazit kann ich zu 100% unterschreiben. Wir haben das Spiel in Oberhof ausprobiert, da es teilweise doch sehr gelobt wurde. Wir konnten das jedoch nicht nachvollziehen und haben es genauso empfunden, wie Du es in Deinem vorletzten Absatz beschrieben hast.
    Wir haben das Spiel dann sogar abgebrochen, was ich eigentlich grundsätzlich so gut wie nie tue.
    Viele Grüße aus Hamburg, Jürgen

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